Leseprobe „Superheldinnen. Roman“
An sich war unsere Geschichte klassisch. Wir drei waren aus den Hauptstädten är-merer benachbarter Länder hierhergezogen und hielten uns nach Kräften über Wasser, wobei wir ständig nach der bürgerlichen Mittelschicht schielten, der wir uns zugehörig fühlten, mit dem Herzen jedenfalls, nicht jedoch mit unserem Budget. Direktorka und ich waren mit einem bereits fertig ausgebildeten Sprechapparat nach Österreich gekommen, und so stand unser ausländischer Akzent einem normalen Leben im Wege, denn fast jede zufällige Bekanntschaft führte unweigerlich zu einem Gespräch über unsere Herkunft. Auf Dauer war das frustrierend, besondere da unsere Herkunft nicht unser Lieblingsthema war und die Länder, aus denen wir zufällig stammten, nicht im Zentrum unserer Interessen standen. Redlich bemühten wir uns, die ungeschickten Erkundigungen über das Ausmaß des Kulturschocks, der uns bei unserer Ankunft in Wien getroffen haben sollte, nicht persönlich zu nehmen. Trotz gelegentlicher persönlicher Erniedrigungen und regelmäßiger Demütigungen durch die Bürokratie wahrten wir die Contenance. Mehr als die beiden anderen musste ich an mir selbst arbeiten, um meine Macht nicht für persönliche Rachefeldzüge zu nützen, denn persönliche Rache lag mir im Blut.