Leseprobe „Tage & Nächte“
„Paris ist ganz anders“, sagt sie leise, „als ich immer dachte.“ Ihre Haare fallen auf sein Gesicht. „Und das, was ich vorgehabt habe.“ Ihr Körper liegt auf seinem, Jul atmet tief. „Ich habe geglaubt, ich würde alles hinter mir lassen und mein Leben finge neu an.“ Jetzt küsst sie ihn wieder sanft, bevor sie sich zur Seite wegrollt. „Und das ich vergessen könnte, was vorher gewesen ist.“ Jul fasst nach ihrem Haar, streichelt es, will sie fragen, will einfach liegen, hört, wie sie sagt: „Es tut mir ja schon gut, dass ich ihr nicht dauernd über den Weg laufen muss.“ „Wem?“, fragt Jul. „Wem wohl?“ Sie seufzt. „Meiner Mutter.“ Einen Augenblick bleibt sie still und nur schattenhaft sieht Jul ihr Gesicht. „Ich denke oft an sie und an alles. Fast noch mehr als zu Haus.“ Sie lacht leise und Jul wartet, ob noch was kommt, bis er merkt, dass sie nichts mehr sagt und auch nicht mehr auf ihm liegt und er nicht die Luft anhalten muss und alles zurückhalten, was ihn zu ihr drängt. (S.161)