Leseprobe „Eleanor & Park“
Das muss es sein, dachte er. Er blieb vor einem kleinen weißen Haus stehen. Ein paar zerbrochene Spielsachen lagen im Garten, und auf der Veranda schlief ein riesiger Rottweiler.
Langsam näherte er sich dem Haus. Der Hund hob den Kopf und beobachtete ihn kurz, dann legte er sich wieder zum Schlafen hin. Er rührte sich auch nicht, als Park die Treppe hochstieg und an die Tür klopfte.
Der Mann, der öffnete, war zu jung, um Eleanors Vater zu sein. Park war sich ziemlich sicher, dass er ihn schon in der Nachbarschaft gesehen hatte. Er wusste nicht, wen er an der Tür erwartet hatte. Jemand Exotischeren. Jemand, der ihr ähnlicher war. Der Mann sagte gar nichts. Stand nur an der Tür und wartete.
„Ist Eleanor da?“, fragte Park.
„Und wer will das wissen?“ Er hatte eine Nase wie ein Messer und er schaute an ihr entlang auf Park hinab.
„Wir gehen zusammen zur Schule“, sagte Park.
Der Mann sah Park kurz an und schloss dann die Tür. Park wusste nicht so recht, was er tun sollte. Er wartete ein paar Minuten, und gerade als er gehen wollte, öffnete Eleanor die Tür eben so weit, dass sie hindurchschlüpfen konnte.
Ihre Augen waren groß vor Schreck. In der Dunkelheit sah es fast so aus, als hätten ihre Augen keine Iris.
Ihm war sofort klar, dass sein Kommen ein Fehler war – eigentlich hätte er das schon vorher wissen sollen. Aber er war so darauf versessen gewesen, es ihr zu zeigen ...
„Hey“, sagte er.
„Hi“
„Ich bin ...“
„... du bist gekommen, um mich zum Nahkampf herauszufordern?“
Park griff vorne in seinen Dobok und zog das zweite Heft von Watchmen heraus. Ihr Gesicht leuchtete auf; sie war so blass, so licht unter der Straßenlaterne, und das war nicht nur so dahingesagt.
„Hast du‘s gelesen?“, fragte sie.
Er schüttelte den Kopf. „Ich dachte, wir könnten ... zusammen.“
Eleanor blickte kurz zum Haus zurück und trat dann schnell von der Veranda. Er folgte ihr die Treppe hinunter, über die Kieseinfahrt zum Aufgang der Grundschule. Über der Tür brannte ein großes Sicherheitslicht. Eleanor setzte sich auf die oberste Stufe, er setzte sich zu ihr. Es dauerte zweimal so lang, Watchmen zu lesen, als jeden anderen Comic, und an diesem Abend dauerte es sogar noch länger, weil es sehr seltsam war, anderswo zu sitzen als im Bus. Sich überhaupt außerhalb der Schule zu treffen. Eleanors Haar war nass und umrahmte in langen, dunklen Locken ihr Gesicht. Als sie zur letzten Seite kamen, wollte Park nur dasitzen und darüber reden. (Er wollte eigentlich nur dasitzen und mit Eleanor reden.)
Aber sie stand schon auf und schaute zum Haus zurück. „Ich muss los“, sagte sie. „Oh“, erwiderte er. „Okay. Ich schätze, ich auch.“
Sie ließ ihn auf der Treppe vor der Grundschule sitzen und verschwand in ihrem Haus, bevor er daran dachte, sich von ihr zu verabschieden.
(S. 75-77)