Rowell, Rainbow: Eleanor & Park
Zwischen Hass und Liebe
von Katharina Peter, 10. Klasse (2015)
Eine lesensWERT-Rezension
Die 16-jährige Eleanor ist alles andere als ein gewöhnliches Mädchen. Als sie eines Morgens im Schulbus auftaucht, zieht sie sofort alle Blicke auf sich. Kein Wunder, bei ihren knallroten Haaren, den Herrenklamotten und dem fülligen Körperbau. Deswegen ist es keine große Überraschung, als ihr niemand freiwillig seinen freien Nachbarplatz anbietet. Nur Park, ein gut aussehender Junge mit asiatischen Wurzeln, rückt – wenn auch widerwillig – auf den freien Platz am Fenster und hofft dabei, dass sie nicht mit ihm redet. Während Park im Bus seine Comics liest und überlegt, wie er von ihr wegkommt, ist Eleanor bloß froh, dass man sie wenigstens im Bus in Ruhe lässt.
Nach einigen Tagen merkt Park, dass Eleanor mit großem Interesse seine Comics mitliest. Langsam aber sicher bauen die beiden in der Folge Vertrauen zueinander auf, und sie kommen sich immer näher. Sie fangen an, Comics und Musik, aber auch ihre Meinungen miteinander auszutauschen. Park merkt sehr schnell, dass mit Eleanors familiärer Vorgeschichte etwas nicht stimmt. Er weiß allerdings nichts von Richi, Eleanors jähzornigem Stiefvater oder von ihren vier Geschwistern. Und Eleanor erzählt nicht, dass sie gerade erst nach eineinhalb Jahren, die sie bei ehemaligen Nachbarn verbracht hat, zu ihrer Familie zurückgekehrt ist. Nur notgedrungen war sie von den Nachbarn aufgenommen worden, nachdem Eleanors Stiefvater sie im Streit herausgeworfen hatte. Nun versucht sie einen Neustart, und um eine Beziehung zu Park zu ermöglichen, konstruiert sie ihm gegenüber ein sehr wackeliges Gerüst aus Lügen. Dies geht nur solange gut, bis ihr Stiefvater Richi ihr auf die Schliche kommt.
Der Jugendroman „Eleanor & Park“ ist nach „Liebe auf den zweiten Klick“ der zweite Roman der US-amerikanischen Autorin Rainbow Rowell, der ins Deutsche übersetzt wurde. Eleanor ist von einer traurigen familiären Vorgeschichte geprägt. Sie sucht mit einer Rückkehr und einem neuen Start des Familienlebens ihren Platz in der Gesellschaft. Diese Suche ist für die Protagonistin dabei mit vielen Gefahren verbunden; dazu gehören unter anderem Missbrauch in der eigenen Familie, Mobbing in der Schule und das Misstrauen ihres gesamten Umfeldes. Diese schwerwiegende Ausgangssituation Eleanors macht die Liebe zwischen ihr und Park auch so schwierig.
Im Wechsel werden die Kapitel von Eleanor und von Park erzählt. Die Kapitel sind sehr kurz geschrieben und lassen sich deshalb leicht hintereinanderweg lesen. So gibt es beispielsweise Kapitel, die nur aus ein paar Sätzen bestehen. („Als sie zu ihrem Platz kam, schaute er aus dem Fenster. Sie reichte ihm den Comic, und er nahm ihn.“)
Gleich zu Beginn der Erzählung steigt die Spannung schnell, baut allerdings zwischendurch stark ab, und der Roman schließt mit einem offenen Ende. Rowell baut immer wieder neu Spannung auf, indem sie Eleanor von einem Problem in das Nächste laufen lässt: So ist der Streit in der Familie gerade verarbeitet, da steht die neue Krise in der Schule schon unmittelbar bevor – doch Eleanor hat niemanden, dem sie sich anvertrauen kann. Da sie Park nicht mit ihren Problemen belasten möchte, ist sie sehr verschlossen ihm gegenüber. Das ist der Grund, weshalb sich die Beziehung der beiden mehrmals im Kreis dreht. Es ist dabei nicht immer leicht, der Handlung zu folgen, weil Park und Eleanor sich oftmals nicht über ihre Beziehung einig sind.
Immer wieder gelingt es den beiden, zueinander zurückzufinden. Eine entscheidende Bedeutung kommt der Musik zu: Im Laufe der Erzählung tauschen die beiden eine Vielzahl von CDs aus, und sie kommen sich dadurch immer wieder näher. Es ist dabei nicht immer leicht, ihren Dialogen zu folgen, da oft nicht kenntlich gemacht wird, wer gerade spricht. Schließlich sind sie ein festes Paar, und um ihrer Familie zu entfliehen, verbringt Eleanor viel Zeit bei Park. Der Konflikt in Eleanors Familie rückt zu diesem Punkt der Erzählung deutlich in den Hintergrund.
Das Ende des Romans enttäuscht. Die Handlung wird zum Schluss sehr kurz und unkompliziert gehalten, und das für das Ende entscheidende Verhalten Eleanors ist nur schwer nachvollziehbar. So stimmt der Gesamteindruck des Romans auch nicht mit dem ersten Eindruck überein: Die ersten Seiten lassen sich durch eine leichte Sprache und den schnellen Spannungsaufbau sehr gut lesen. Doch die anfänglichen hohen Erwartungen werden durch einen sehr langen und teilweise langweiligen Mittelteil und ein enttäuschendes Ende nicht ganz erfüllt. Rowell spricht viele, teilweise auch seltene und problematische Seiten des Lebens einer Jugendlichen an. Mitunter hat man allerdings den Eindruck, es hätten weniger Themen sein können.