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Titelbild
Pernilla Oljelund:
Elfrid & Mila. Das Weihnachtswichtelwunder
Mit Bildern von Susanne Göhlich
Aus dem Schwedischen von Birgitta Kicherer
Hildesheim: Gerstenberg 2012
173 Seiten
€ 12,95
Illustriertes Kinderbuch ab 6 Jahren

Oljelund, Pernilla (Text) und Susanne Göhlich (Illustration): Elfrid & Mila. Das Weihnachtswichtelwunder

Ein richtiges Weihnachten?

von Julia Ludewig (2012)


Die neunjährige Mila hat einen Kloß im Bauch. Keinen normalen Minikloß, der gleich wieder verschwindet, wenn man an etwas anderes denkt, sondern eine andere Art von Kloß. Einen kalten und steinharten, den man unmöglich einfach wegdenken kann. Und alles nur, weil Mama sich in den neuen Nachbarn „Klas das Aas“ verliebt hat und Mila nun womöglich auch noch mit Klas zusammen Weihnachten feiern muss.

Bisher haben Mama und Mila immer alleine Weihnachten gefeiert. Nur sie beide, mit Lebkuchen, Fernsehen und Meerschweinchen Otto. Die neue Beziehung ihrer Mutter trifft Mila unvorbereitet und macht sie sauer. Mila möchte nur eins: ein richtiges Weihnachten. Diesen Wunsch schreibt sie in großen Buchstaben auf einen Wunschzettel.

Währenddessen bearbeiten in der Weihnachtswerkstatt am Nordpol die Wichtel fleißig Kinderwünsche im Auftrag des Weihnachtsmannes. Nur Elfrid Nilsson, der faulste und unfähigste aller Weihnachtswichtel, ist schon vom bloßen Zusehen erschöpft. Die Wichteldame nutzt jede Gelegenheit, um sich ein Nickerchen zu gönnen. Ausgerechnet sie bekommt vom „großen Roten“ höchstpersönlich den Auftrag, den ungewöhnlichen Wunsch von Menschenkind Mila zu erfüllen.

Elfrid macht sich auf den Weg zu den Menschen und lernt dort Mila kennen. Obwohl sich die beiden anfangs ganz und gar nicht sympathisch sind, nähern sie sich im Laufe der Zeit an. Elfrids Auftrag ist klar: Klas muss weg, und zwar so schnell wie möglich. Gemeinsam schmieden Elfrid und Mila Pläne, von denen jedoch keiner wirklich zum gewünschten Ergebnis führt. Stattdessen enden Elfrids originelle Ideen und der Einsatz des gestohlenen „Zeitundraumpulvers“ in immer größerem Durcheinander. Milas Situation wird zunehmend schwieriger und Weihnachten rückt von Tag zu Tag näher. Und dann ist da noch Pascal Petersen, ein sensationslüsterner Reporter, der als einziger Erwachsener Elfrid sehen kann und fest entschlossen ist, durch seine „sensationelle Enthüllung“ endlich weltberühmt zu werden …

In „Elfrid & Mila. Das Weihnachtswichtelwunder“, dem neuen Kinderbuch der schwedischen Autorin Pernilla Oljelund, wird eine spannend-turbulente, lustige und warmherzige Geschichte von Freundschaft, Liebe und Respekt erzählt. Dies gelingt nicht zuletzt durch die Gestaltung der beiden Heldinnen, die nach und nach die Sympathie des Lesers gewinnen und ihn für sich einnehmen können. Auch der humorvolle Ton des Buches mit viel Situationskomik trägt dazu bei. Obwohl es sich um einen auktorialen Erzähler handelt, nähert sich seine Sprache stark derjenigen Milas an. Hierdurch wird die vom Leser erwartete und durch den Titel suggerierte weihnachtliche Idylle vielfach aufgeboben. Auch die deutsche Übersetzung der bereits mehrfach ausgezeichneten Birgitta Kicherer und Susanne Göhlichs lebendige Blau-weiß-Illustrationen (Blau ist ebenfalls die Schrift) machen das Buch zu einem besonderen (Vor-)Leseerlebnis. Die Bilder stecken voller Emotionen und betonen nicht nur den Witz und die Wärme der Geschichte, sondern setzen auch eigene Akzente und Pointen. So wird auch hier mithilfe von Ironie und Überzeichnung mit den üblichen Konventionen gespielt, beispielsweise, wenn Meerschweinchen Otto plötzlich ein Rentier-Geweih auf dem Kopf trägt.

Inhaltlich gelingt es Oljelund, in den fünfzehn Kapiteln des Buches traditionelle Elemente von Weihnachtsgeschichten mit der kindlichen Realität der heutigen Zeit zu vermischen und zwei Welten zu erschaffen, die nur durch einen Geheimgang in einer Litfasssäule voneinander getrennt sind. So gibt es eine Weihnachtswerkstatt am Nordpol, in der die Weihnachtswichtel arbeiten, und einen Weihnachtsmann, welcher mit langem Bart und prächtigem Gewand mit seinen Rentieren Geschenke an alle Kinder auf der Welt ausliefert. Auf der anderen Seite steht Milas Menschenwelt, in der sie mit ihrer allein erziehenden Mutter lebt, zur Schule geht und für den kindlichen Leser nachvollziehbare Wünsche, Ängste und Hoffnungen hat. Durch die Begegnung zwischen Elfrid und Mila vermischen sich diese Welten, und der Leser wird mitgenommen auf eine fantasievolle Reise in Milas Kinderzimmer, zum Nordpol und in die Gefühlswelt der beiden Protagonistinnen.

Trotz typisch weihnachtlicher Motive ist „Elfrid & Mila“ weit mehr, als der Leser von einer Weihnachtsgeschichte erwarten würde. Sowohl durch die unkonventionelle Sprache und die Illustrationen als auch durch die oftmals überzeichnete Figurenbeschreibung werden überkommene Weihnachtsbilder des Lesers und die märchenhaft-weihnachtliche Atmosphäre immer wieder gebrochen. So überrascht die Geschichte beispielsweise mit einem Konkurrenzkampf unter Wichteln, einem beinahe toten Weihnachtsmann und Verspätungen im öffentlichen ‚Eisbären-Nahverkehr‘. Auch die Figur der rotzig-frechen Elfrid entspricht ganz und gar nicht dem Bild, das der Leser von den fleißigen Wichteln in einer Weihnachtswerkstatt hat. Interessant ist, welche Entwicklungen beide Protagonistinnen im Laufe der Erzählung durchlaufen. Elfrid, zunächst unfreundlich und überheblich, lügt Mila an und behauptet, die beste Wichtelin des Nordpols zu sein. Als sie sich besser kennenlernen und einander liebgewinnen, wird sie für Mila von der faulen und lustlosen Wichtelin zur guten Freundin und Vertrauten. Sie lernt immer mehr von der anfangs fremden und verwirrenden Menschenwelt kennen und entdeckt so auch ihre Vorliebe für Süßigkeiten und die Existenz der „Mogel-Weihnachtsmänner“. Elfrid selber macht dabei in ihrer Freundschaft zu Menschenkind Mila ganz neue Erfahrungen. Für sie ist es „fast so, als würden sie irgendwie zusammengehören“. Bisher hatte Elfrid in ihrem Leben noch nie zu jemandem gehört. Nun setzt sie sich zum ersten Mal wirklich für etwas ein und versucht alles, um Mila ihren Wunsch zu erfüllen.

Auch Milas Sicht auf die Dinge wandelt sich durch die Geschehnisse. Klas, anfangs nur peinlich und ein „blöder Kerl“, verliert seinen Schrecken. Mila lernt ihn und seine Familie näher kennen und sieht, wie glücklich ihre Mutter mit Klas ist. Zunächst ist Mila hin- und hergerissen zwischen dem Glück ihrer Mutter und der Erfüllung ihres eigenen sehnlichsten Wunsches, doch schließlich spürt sie, dass sich ihr Wunsch geändert hat und ihr Magen endlich „kloßfrei“ ist.

Durch den Einsatz füreinander gelingt es Elfrid und Mila am Ende glücklicherweise, alles wieder in Ordnung zu bringen, wobei auch Sensationsreporter Pascal Petersen seine verdiente Lektion erhält. Und so erfüllt sich schließlich doch noch Milas Wunsch nach einem „richtigen Weihnachten“.

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