Behr, Birgitta (Text) und Sandra Wendeborn (Illustration): Susi. Die Enkelin von Haus Nummer 4 und die Zeit der versteckten Judensterne

Der Nationalsozialismus – Das Monster im Menschen

von Jimmy Altgen und Kristin Schröer (2016)

„Manchmal muss man mutig sein, um das Gute zu beschützen, und manchmal kostet es das eigene Leben, aber vielleicht rettet man damit eine ganze Welt.“

Zweiter Weltkrieg: Susi, ihre Eltern und ihre Großmutter versuchen als jüdische Familie in Berlin zu (über-)leben. Doch wie kann dies in einem Land voller Propaganda, Hetze und mörderischem Judenhass gelingen? – „Susi. Die Enkelin von Haus Nummer 4 und die Zeit der versteckten Judensterne“ beschreibt chronologisch die bedeutsamsten Ereignisse der NS-Zeit von der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs: Das Werk macht auf der einen Seite auf die Gräueltaten des Nazi-Regimes aufmerksam, während es auf der anderen Seite von Nächstenliebe und Hoffnung in der finstersten Epoche der deutschen Vergangenheit handelt.

Besonders ist die Erzählanlage des Werks, das in der Tradition der Ding-Geschichte steht, also nicht etwa eine der handelnden Personen, sondern das Haus mit der Nummer 4 als Erzähler fungiert und die LeserInnen zudem direkt anspricht. Das im Krieg zerstörte Haus – in dem einst Susis Großmutter Gertrud Cohn gewohnt hat –erzählt die Geschichte von Susi und ihrer Familie, um die in der heutigen Zeit lebenden Menschen vor erneutem Krieg und Zerstörung zu warnen: „[E]s ist Vergangenheit und du bist in Sicherheit. Aber denkst du das wirklich? Ehrlich gesagt nichts in dieser Welt ist sicher, erst recht nicht vor euch Menschen, wenn ihr nicht zuhört, was die Vergangenheit euch sagt.“

Zu den erzählten Passagen gesellen sich ebenfalls narrative Comic-Ausschnitte und Bilder. In diesem sprechen unter anderem Susis Eltern direkt miteinander. Die – abgesehen vom kräftigen Rot – in matten Farben gehaltenen, ausdrucksstarken Illustrationen sowie originalen Fotos verleihen dem Text Nachdruck und erzeugen zusätzlich ein intensives Gefühl bei den LeserInnen, da sie Emotionen wie Angst, Hass und Bedrohlichkeit vermitteln. Die Autorin und Illustratorin Birgitta Behr vermag es mit ihren beschreibenden, durch Fakten gesättigten, aber auch emotionalen Textpassagen und den eindrucksvollen, oft einschüchternd und finster wirkenden Bildern, die RezipientInnen eindringlich vor dem Bösen zu warnen und gleichzeitig auf die Tugenden der Menschen hinzuweisen. Auffällig ist zudem der rot-weiße Faden, der sich durch das gesamte Buch zieht, auf jeder Doppelseite zu finden ist und zuletzt als Zeitstrahl fungiert. Er wird als Leitmotiv genutzt, steht für Hoffnung und „soll dir zeigen, dass das Gute bei dir ist, auch in dunkelster Zeit.“

Auf 109 Seiten vergegenwärtigt Behr in ihrem geschichtserzählenden Kinderbuch eine wahre Begebenheit, und zwar in einer Form, die fesselnder kaum sein könnte. Ihr gelingt es in verständlicher Sprache und durch einfache, aber nachdrückliche Vergleiche, die komplexe Thematik ‚Nationalsozialismus‘ für Kinder und Jugendliche nachvollziehbar und lebensnah zu erläutern Susi und ihre Familie stehen in diesem Buch stellvertretend für die ca. 5,6 - 6,3 Millionen ermordeten Juden. – Das mit einem informativen Glossar versehene Buch regt Erwachsene, Jugendliche und Kinder gleichermaßen zum Nachdenken an und ist durch seine Erzählanlage ab 10 Jahren zu empfehlen.

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