Leseprobe „April“
Sie versucht, richtig zu atmen, blickt sich im Zimmer um, als sehe sie es zum ersten Mal. Plakate hängen in Fetzen von der Wand. Ein schmaler Streifen Sonnenlicht lässt den Schmutz überdeutlich hervortreten, auf dem staubigen Boden stehen leere und halb volle Flaschen in Pfützen aus Alkohol und Erbrochenem.
Du stehst sofort auf, sagt Irma so streng wie besorgt.
April muss sich Mühe geben, nicht umzukippen. Am liebsten würde sie sich auf das schwarze Linoleum in der Küche legen.
Als sie Irma mit wackligen Beinen nach draußen folgt, ist es Sommer.
Sie will etwas sagen, ihrer Freundin danken, doch ihr fällt nichts ein, also sagt sie nichts.
Irma will von ihr wissen, warum. Was hat dich dazu getrieben, fragt sie, was ist los mit dir?
April hätte darauf gern eine Antwort. Es ist wie eine Naturgewalt, die über mich kommt, versucht sie zu erklären. Ich halte es nicht aus, wenn es mir gut geht, ich traue dem nicht.
Du redest, als wärst du deinem Schicksal ausgeliefert, sagt Irma, aber du bist es selbst, die es verbockt, nicht deine Dämonen.
Sie weiß, dass Irma recht hat, die Frage ist nur, wie ihr das weiterhelfen soll. (S.69f.)