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Kevin Brooks:
Killing God. Roman
Aus dem Englischen von Uwe-Michael Gutzschhahn
München: dtv 2011
270 Seiten
€ 8,95
Ab 14 Jahren

Brooks, Kevin: Killing God. Roman

Ich bin Dawn …

von Marc Franzke (2011)

„Heute ist der erste Tag im Januar, ein ganz neues Jahr fängt an. Und ich werde morgen damit anfangen, Gott umzubringen.“

Dawn Bundy ist fünfzehn Jahre alt und hat etwas gegen Gott, aber nicht nur der Allmächtige erschwert ihr Leben. Sie muss sich um die trinkende, aber geliebte Mutter kümmern, die kaum mehr in der Lage ist, sich vom Fernsehsessel aufzuraffen, außer sie braucht einen neuen Drink. Der Vater, ein drogen- und alkoholabhängiger Mann mit Hang zur Kriminalität, hat die Familie heimlich vor zwei Jahren verlassen. Dawns einzige Freunde sind die nach ihrer Lieblingsband The Jesus and Mary Chain benannten Hunde Jesus und Mary, in der Schule findet sie niemanden, der sie versteht. Glücklicherweise muss sich Dawn keine Gedanken über Geld machen, ihre Mutter arbeitet zwar nicht, aber die Tasche voller Geld, die im Schlafzimmer versteckt ist, tilgt wenigstens dieses Problem. Warum in der Tasche auch eine Pistole ist und woher das Geld kommt, möchte Dawn gar nicht wissen.

Dawn redet sich gerne ein, dass sie keine anderen Freunde braucht, sie glaubt, sie ist eine zufriedene Loserin. Doch als ausgerechnet die beiden fiesesten Mädels der Schule, Mel und Taylor, an ihr freundschaftliches Interesse zeigen, sie zu einer Party einladen und sie umstylen wollen, bröckelt Dawns Fassade. Sie ist zwar skeptisch, was die eigentlichen Motive von Mel und Taylor seien könnten, aber das Verlangen dazuzugehören siegt schließlich und sie lässt sich auf die beiden ein. Das seltsame Interesse an Dawns Mutter und vor allem an ihrem verschwunden Vater hinterlässt zwar einen bitteren Beigeschmack, aber erst als der Verrat begangen wird, erkennt sie das ganze Ausmaß ihres Fehlers.

Es geht um Geld, Drogen und einen ehemaligen ‚Geschäftspartner‘ ihres Vaters. Dawn findet sich in einer scheinbar aussichtslosen Situation wieder und zu allem Überfluss taucht ihr Vater plötzlich wieder auf. Wie ist er in die Geschichte verwickelt? Ist er wirklich wieder ‚mein Dad‘? Ist Mels Freundschaft vielleicht doch echt?

Kevin Brooks hat einen zutiefst psychologischen Roman geschrieben, der den Leser in die Gedankenwelt des Hauptcharakters Dawn eintauchen lässt. Der Roman wechselt zwischen tagebuchähnlichen Sequenzen und Erzählungen aus der Ich-Perspektive. Brooks verknüpft somit die düstere Gefühlswelt, die sich so nur in einem Tagebuch offenbaren lässt, mit dem realen Geschehen im Roman. Dabei finden immer wieder Rückblenden zurück in die gemeinsame Zeit mit dem Vater statt, diese offenbaren im Laufe des Romans die Gründe für Dawns Hass auf Gott und erklären, wieso es zwei Dads gibt. Der Leser erfährt im Laufe des Romans das ganze Ausmaß des Leides, das Dawn in ihrem Leben durchmachen musste und muss.

Der Roman verändert seinen Charakter im Verlauf der Geschichte. Anfangs ist er aufgebaut wie ein ‚klassischer‘ Jugendroman; es geht um Freundschaft und Dazugehörigkeit. Erst durch die vorsichtige Offenbarung des Hauptcharakters kommt Tempo in die Geschichte, die zu einem echten Thriller mutiert. In dem ganzen Chaos der sich entwickelnden Kriminalgeschichte findet Dawn in Mel ihre erste Verbündete, das Verhältnis der beiden bleibt jedoch größtenteils unerkundet. Brooks lässt kaum Zeit für eine Entwicklung der Beziehung zwischen Mel und Dawn, das ist einerseits schade, andererseits passt dies zum Charakter Dawn, der nur schwer zugänglich ist.

Der Schreibstil muss insbesondere in den Tagebuchsequenzen hervorgehoben werden. Der Autor gibt in einem Interview am Ende des Buches an, dass er versucht habe, im Buch einen Rhythmus zu erzeugen. Dies gelingt ihm auf besondere Art und Weise: So sind Selbstgespräche und Gedankengänge häufig optisch geordnet, sei es durch Aufzählungen, kursive oder fette Schrift oder bewusst gesetzte Absätze. Als Leser lernt man Dawn nicht nur durch den Textinhalt kennen, durch die optische Ordnung bekommt man ein echtes Gefühl für das Mädchen. Was ist wichtig? Was nicht? Eins ist sicher wichtig: die Musik von The Jesus and Mary Chain, die Dawn ständig auf dem iPod hört. Der Text wird wieder und wieder von Textzitaten aus den Songs der Band unterbrochen, die, passend zur Situation ausgewählt, eine erfrischende emotionale Verbindung zwischen Dawn und der Musik vermitteln.

Neben dem eigentlichen Roman „Killing God“ muss das Gesamtpaket der dtv-extra Ausgabe gelobt werden. In dem Buch finden sich zu den typischen Autoreninformationen auch Informationen zum Übersetzer und ein Interview mit Kevin Brooks. Das Cover ist ausdrucksstark und beschreibt den Charakter des Romans auf treffende Weise.

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