Ist das noch Urlaub oder kann das weg?
Von Annalena Jansen, Vanessa von Malottki und Chiara Mertens (2023)
Schon wieder ein Urlaub mit Mama und Papa?! Für die dreizehnjährige Ari ist das der Inbegriff der Langeweile. Viel lieber hätte sie mit ihrer Freundin Elif die Ferien verbracht. Mama arbeitet. Papa ist eingeschnappt. Es gibt Streit. Jetzt reichts. Raus aus dem Ferienhaus und allein sein, denkt Ari. Als sie auf Pegasos trifft, beginnt endlich ein kleines Abenteuer.
In dem aktuellen Jugendroman von Tamara Bach kann sich die Protagonistin weder den streitenden Eltern noch der gähnenden Langeweile entziehen. Diese Momente von Eintönigkeit werden auch für die Lesenden nachvollziehbar, denn gerade die vermeintlich ereignislosen Momente werden detailliert ausgeschmückt. Gleiches gilt für die Dialoge der Eltern, sofern Ari nicht gerade den Raum verlässt. Auf diese Weise schlüpfen die Lesenden rasch in Aris Perspektive. In Kombination mit der Beschreibung von überfüllten und leeren Stränden, dem Meer, Märkten, Straßen und Restaurants entsteht das Gefühl, ebenfalls in einem fremden Land herumzuwandern. Denn Ari begibt sich immer wieder auf Erkundungstour, jedoch vor allem mit dem Ziel, der angespannten Lage im Ferienhaus oder ihrem peinlichen Vater für kurze Zeit zu entfliehen.
Ein Grund für die wenig erfreuliche Lage ist auch, dass die Protagonistin von ihren Eltern nur wenig in die Urlaubsgestaltung miteinbezogen und zudem von diesen bevormundet wird. Gegenüber ihren Eltern ist Ari eher wortkarg, lediglich im Chat mit Elif finden Gespräche auf Augenhöhe statt. Die Freundschaft der beiden liegt im Fokus der Geschichte und untermalt Aris Ablöseprozess von den Eltern, indem Elif zur wichtigsten Bezugsperson wird. Selbst bei den Treffen mit ihrem neuen Schwarm Pegasos denkt Ari nur daran, es Elif zu erzählen. Als Elif jedoch den Kontakt abbricht und Ari sich Pegasos annähert, wird die zunächst erzeugte Langeweile im letzten Drittel des Buches aufgebrochen.
Tamara Bach vermag es in ihrem Jugendroman Honig mit Salz den Ablöseprozess von den Eltern lebensnah und realistisch zu illustrieren. Dabei wird es aber gelegentlich nicht nur für die Protagonistin langatmig. Der Handlungsstrang über Freundschaft und erste Verliebtheit dürfte für die Lesenden im Jugendalter jedoch umso interessanter sein. Honig mit Salz erzählt also nicht nur die Geschichte eines missglückten Familienurlaubes, sondern – in dem für Tamara Bach charakteristischen reduzierten und dabei sehr präzisen Stil – von einer authentischen Reise des Erwachsenwerdens, welche für die Protagonistin - und vielleicht auch für die Leser*innen - gerade erst begonnen hat.
Bibliographische Angaben:
Bach, Tamara
Honig mit Salz
Hamburg: Carlsen (2023)
159 Seiten
ab 12 Jahren
Leseprobe