Kennedy, A.L.: Onkel Stan und Dan und das fast ganz ungeplante Abenteuer
Was hat kurze Beine,hasst kurze Hosen und kann nicht auf Bäume klettern?
von Melanie Lauer (2019)
A. L. Kennedy weiß es und zeigt uns in ihrem neu erschienen Kinderbuch „Onkel Stan und Dan und das fast ganz ungeplante Abenteuer“ ihre typisch kritischen und drastischen Gegenüberstellungen, die wir bisher nur aus ihren mehrfach ausgezeichneten Werken der Erwachsenenliteratur kennen.
Die beiden parallel ablaufenden Geschichten über einen traurigen und in fürchterlicher Gefangenschaft lebenden Dachs und vier niedergeschlagene und im regnerischsten Regen stehende Lamas, welche allesamt von garstigen und grässlichen Menschen gefangen genommen werden, finden irgendwann in einer dritten Geschichte zusammen. Und in dieser Geschichte über einen fürchterlich freundlichen, planlos Fluchtpläne schmiedenden Helden, entsteht ein ‚wohlgeordnetes Chaos‘, welches nur die Phantasie zu entwirren können scheint; Absurdität wird selbstredend gratis dazu gereicht. Tierschutz, Respekt und Achtung vor der Natur werden dabei auf eine Ebene mit respektvollem, achtsamem Verhalten untereinander gehoben, während das Mitempfinden mit den armen, unter Menschenhand leidenden Kreaturen und das Hoffen auf den untypischen, komischen Helden Onkel Stan gleichzeitig an den Nerven kitzelt und eine gekonnte Brücke zwischen Pädagogisierung und künstlerischer Darstellung schlägt.
Kleine, dem Durcheinander vorangestellte Vorausdeutungen, geben dabei eine Vorstellung von der zukünftigen Handlung und zaubern der Leser*in, nicht nur durch die absichtlich undeutlichen Illustrationen von Gemma Correll, Bilder in den Kopf, die Nahrung für Emotion, Ideenreichtum und Anstrengung der Vorstellungskraft geben. Die häufig untermalenden Bilddarstellungen sind dabei so vage, dass sie nur mit Hilfe der Beschriftungen ihre Funktion erfüllen können und im Zusammenspiel mit den von Adjektiven überfluteten Zeilen kleine und große Leser*innen mitreißen und dazu einladen, die eigene Kreativität im Weiterspinnen der bildlichen und textlichen Erzählung auszuleben.
Besonderheitswert erlangt dieses Buch auch durch das Spannungsfeld vordergründiger ungehobelter und grober Wortwahl im Zusammenhang mit klischeehaften Überspitzungen, die ihrerseits so gar nicht ins Klischee vom didaktisch wertvollen Kinder- und Jugendbuch passen wollen… Dafür bietet das Werk aber jede Menge absurden Spaß und Einsicht in die Notwendigkeit der Achtung vor der Natur, den Tieren und der Umwelt; zusätzlich ergibt sich hier eine deutliche politische Aktualität in Bezug auf den Klimawandel.
Die Autorin entfaltet, so kann resümiert werden, eine Geschichte im Superlativ und mit Seltenheitswert, die unrealistische Sachzusammenhänge in Ironie und Sarkasmus verwandelt und dabei selbst den größten Lesemuffeln ein Kichern entlocken und Lesemotivation garantieren sollte.