Herrick, Steven: Ich weiß, heute Nacht werde ich träumen.

Der Fluss des Lebens – Eine poetische Geschichte über das Erwachsenwerden

von Luisa Bach, Ronja Dreckmann und Jana Krasky (2018)

panta rhei / Alles fließt.

Harry, der Protagonist dieses kurzen, aber poetisch-kraftvollen Romans, wächst Anfang der 1960er Jahre in einer australischen Kleinstadt auf; leicht hat er es dabei nicht: Mit sieben Jahren verliert er seine Mutter, woraufhin er zusammen mit Vater und Bruder versucht, das Leben selbst in die Hand zu nehmen und neben dem Kummer und dem Leid des Verlustes auch die Freuden des Lebens nicht aus den Augen zu verlieren, auch wenn die Familie nun eine Sonderstellung in der konservativen Kleinstadt einnimmt. Dabei hat der Tod der Mutter auch ein beschleunigtes Erwachsenwerden zur Folge; Harry muss schon früh Verantwortung übernehmen: Mit sieben Jahren erlernt er das Kochen und kümmert sich um seinen jüngeren Bruder. Gleichzeitig entwickelt er sich zu einem jungen Mann, verliebt sich zum ersten Mal, entdeckt die Sexualität und findet eine Freundin. – Doch dann tritt der Fluss wieder über die Ufer…

Steven Herrick greift in seinem Roman ‚die großen Themen‘, die Fragen nach Leben und Tod, nach der Entwicklung des eigenen Ichs und nach den Anforderungen des Hineinwachsens in die Gesellschaft. Der Fluss, der sich im australischen Original schon im (viel treffenderen) Titel „By the River“ wiederfindet, dient ihm dabei als Metapher für das menschliche Leben, die im Roman vielfach aufgegriffen und variiert wird. Eine Besonderheit ist neben dieser durchaus existenziellen, aber dennoch zuversichtlichen thematischen Prägung das Erzählen in rhythmischer Prosa, das auch optisch an einen Flussverlauf erinnert: Mal ist die äußere Form gleichmäßig, der Fluss scheint in seinem Lauf zu liegen, mal scheinen die Zeilen selbst über die Ufer zu treten….

Resümierend ist festzuhalten, dass der bereits 2004 in Australien erschienene Roman formale Besonderheiten mit der nuancierten Gestaltung bedeutender Themen verbindet. Deshalb ist die emotionale und tiefgründige Geschichte bestens für alle jene Leser*innen geeignet, die neben der Suche nach ‚guten Geschichten‘ auch offen für ein neuartiges Leseerlebnis sind. Eine Besonderheit des Werks ist sicherlich der Protagonist, der Züge einer klassischen Abenteurerfigur mit emotionaler und sozialer Tiefenschärfe verbindet, ohne auch nur ansatzweise schulmeisterlich zu wirken.