Minne, Brigitte (Text) und Carll Cneut (Illustration): Hexenfee

Am besten von allem ein bisschen

von Julia Anselm, Carolin Harmßen, Lasse König und Ramona Moritz (2017)

Die kleine Fee Rosmarinchen lebt zusammen mit ihrer Mama auf einer großen Wolke in einem Luftschloss. Ihr Alltag wird von typischen Feentätigkeiten bestimmt: Kuchen essen ohne Krümeln, Tee trinken ohne Kleckern, süße Geschichten erzählen und dabei ab und zu den Zauberstab schwenken. Aber sie würde viel lieber Rollschuh und Boot fahren, sich dreckig machen, laut lachen und frei von ihren bisherigen Zwängen sein – sie möchte eine Hexe sein. Gegen den Willen ihrer Mutter entschließt sich Rosmarinchen, in den Wald zu gehen und dort wie eine Hexe zu leben.

Das Buch „Hexenfee“ ist eines von über 200 Werken, die Brigitte Minne veröffentlicht hat. Neben zahlreichen Bilderbüchern zählen zum einen Geschichten für Funk und Fernsehen, zum anderen Theaterstücke zu ihrem Portfolio. Das Buch wurde in neun Sprachen übersetzt und im Jahre 2000 mit dem White Raven Award ausgezeichnet.

Die Neuauflage von 2016 überzeugt besonders durch Carrel Cneuts außergewöhnliche Illustrationen. Der unter anderem mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnete Illustrator begleitet die Geschichte mit einzigartigen Illustrationen, die durch ihre kräftigen Farben und sichtbaren Pinselstriche an Gemälde erinnern. Auffällig ist die kontrastreiche Gestaltung der Seiten, die sich durch das ganze Buch zieht und aufeinander aufbaut. Die puppenartig abgebildeten Figuren heben sich durch ihre künstlerische Darstellung von jenen gewöhnlicher Kinderbücher ab; an manchen Stellen überwiegen die abgebildeten Illustrationen sogar den Text und sind in sich inhaltsstiftend. Die Textzeilen sind unterschiedlich gestaltet, so dass auf einer Seite eine kleine Schrift zu sehen ist und auf der nächsten Seite steht der Text in einer großen und teilwiese fettgedruckten Schriftart. Diese Bilder laden zum Verweilen ein, weshalb die Leser*in trotz der häufig knappen Textpassagen einige Zeit mit dem Buch verbringen kann. Auch das Buchcover weiß durch seine originelle Aufmachung zu bezaubern: Der Textileinband am Buchrücken sowie die untypische Prägung des Titels „HEXENfee“ lassen das Buch zwischen anderen hervorstechen.

Minne nutzt in ihrer Geschichte eine sehr einfache Sprache, um das Buch auch schon für jüngere Kinder ab drei Jahren verständlich zu machen. Dazu werden größtenteils Hauptsätze verwendet, die sehr klar formuliert sind. Nur an einzelnen Stellen weicht die Autorin davon ab und bildet kurze, aber sehr einfache Nebensätze. Es werden klare Meinungen, Emotionen und Ansichten beschrieben, die leicht nachvollzogen werden können. Durch diesen sprachlich simplen Aufbau garantiert Brigitte Minne, dass der Kern ihrer Geschichte auch ihre tatsächlichen Adressat*innen erreicht.

Das Buch „Hexenfee“ wird sicherlich bei Groß und Klein auf Begeisterung stoßen: Die außergewöhnlichen Illustrationen laden zum Träumen ein, und für alle wird sichtbar, dass man nicht in vorgefertigte Entwürfe passen muss, sondern auch einen anderen Weg wählen kann, wenn dieser mehr Zufriedenheit verspricht. Es wird deutlich, dass man Kinder loslassen sollte, um sie selbst die Welt entdecken zu lassen. Somit übermittelt die Geschichte verschiedene Erkenntnisebenen, die an die verschiedenen Alter appellieren, und den Älteren wird es möglich sein, mehr hinter der Geschichte der kleinen Fee Rosmarinchen zu entdecken und diese auf andere Lebensbereiche zu übertragen.

Die Geschichte der kleinen Fee Rosmarinchen macht Themen wie Unabhängigkeit, Freiheit und Eigenständigkeit zu zentralen Inhalten des Buches. Dabei durchbricht die kleine Fee mit ihrem Eigensinn und Durchsetzungsvermögen gewohnte Verhaltensmuster der anderen Feen. Schließlich überzeugt sie ihre Mutter, dass das Leben als Hexe keineswegs so schlimm ist, wie es immer behauptet wird. Rosmarinchen schlägt eine Brücke von den Feen zu den Hexen und ist von nun an eine Hexenfee.

Zur Bildprobe