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Beauvais, Clémentine:
Die Königinnen der Würstchen
Aus dem Französischen von Annette von der Weppen
Hamburg: Carlsen 2017
OA 2015 u.d.T.: Les pétites reines
287 Seiten
€ 16,99
Übergangsbuch ab 12 Jahren

Beauvais, Clémentine: Die Königinnen der Würstchen

Am schönsten sind wir, wenn wir niemandem gefallen wollen

von Maike Grewer, Nina Müller, Annika Schepers (2017)

Gibt es etwas Schlimmeres, als zur „Wurst des Jahres“ gekürt zu werden? Für Mireille schon: „Ich bin die Bronze-Wurst des Jahres./ Ich bin fassungslos.“

Platz eins und zwei haben Astrid und Hakima belegt, womit sie laut einer Abstimmung auf Facebook die drei hässlichsten Mädchen der gesamten Schule sind. In ihrer Titelverbundenheit finden sich die Mädchen zusammen, obwohl sie auf dieses Ranking unterschiedlicher nicht reagieren könnten. Mireille, die bereits mehrfach zur „Wurst des Jahres“ ernannt worden ist, erkennt schnell, dass sie aufgrund ihrer Erfahrung den anderen Mädchen eine Stütze sein kann. Nach dem ersten Kennenlernen merken die Mädchen, dass sie alle einen Grund haben, das Gartenfest der französischen Präsidentin zu stürmen. Aus einer anfänglichen Idee wird ein geplantes Vorhaben, und so beschließen die Drei, mit dem Fahrrad nach Paris zu fahren. Dabei werden sie von Hakimas älterem Bruder Kader begleitet, der aufgrund eines Einsatzes als Soldat nun ohne Beine an einen Rollstuhl gebunden ist. Finanziert wird die Tour ironischerweise durch den Verkauf von Würstchen, und sogar die Medien werden auf das Vorhaben der Mädchen aufmerksam.

Der Roman wird aus der Sicht der sechzehnjährigen Mireille erzählt. Zunächst wirkt sie sehr taff, ihre sarkastische und umgangssprachliche Erzählweise bringt viel Witz in die Geschichte. Je weniger sie sich aber selbst schützen muss und Anerkennung bekommt, desto offener spricht sie darüber, dass es auch sie verletzt, wenn sie wieder und wieder zur „Wurst des Jahres“ gewählt wird. Nicht nur durch die Art und Weise, wie Clémentine Beauvais Mireille erzählen lässt, gelingt es der Autor*in, trotz ihrer humorvollen Schreibweise für Jugendliche relevante Themen wie das gesellschaftliche Schönheitsideal, Rassismus, Diskriminierung, Feminismus und Cyber-Mobbing anzusprechen. Spätestens seit Beauvais‘ Roman „Dreckstück“ ist sie dafür bekannt, gesellschaftskritische Themen zu besprechen und genau da hinzugehen, wo es wehtut. In „Die Königinnen der Würstchen“ kann der Eindruck entstehen, Beauvais habe sich nicht womöglich zu viele gesellschaftskritische Themen auf die Agenda geschrieben, sondern als persifliere sie gerade Jugendromane in jener Manier. Dass einer von Beauvais Forschungsschwerpunkten die Metakritik von kinder- und jugendliterarischen Werken ist, vermag diesen Eindruck zu unterstreichen.

Den drei von Mobbing betroffenen Protagonistinnen gelingt es, sich durch ihren Zusammenhalt über Meinungen und Vorurteile anderer hinwegzusetzen und werden somit zum Vorbild für viele Jugendliche. Sie kehren die Schamregel um, machen aus der Fremdbeschreibung durch eine Neubewertung eine Eigenzuschreibung und treffen damit Malo, den Gründer der Würstchenwahl, der sich am Ende für sein Verhalten schämt. „Alle lachen [Hickser] über mich [dreifacher Hickser], weil ihr euch [Abebben der Tränenflut] jetzt selber ‚Würste des Jahres‘ nennt.“ Gleichzeitig zeichnet die Autorin eine realistische Reaktion der Medien, welche die drei Mädchen regelrecht bedrängen, da sie diese auf ihrer Reise verfolgen. Das Ziel der Reise, das Ende der Erzählung, welches anders ausfällt als erwartet, macht die Geschichte realistisch und verdeutlicht den Wandel der Mädchen, die sich durch das Schmähwort ermächtigt haben, so wie Mireille es ihrer Mutter prophezeit: „Ich verstehe nicht, warum ihr euch ständig selber als Würste bezeichnet“, empört sich Mireilles Mutter. „Das ist doch ein schreckliches Wort.“, worauf Mireille antwortet: „Wir machen es zu einem schönen Wort, du wirst sehen. Oder wenigstens zu einem machtvollen.“

Alles in allem kreiert Clémentine Beauvais eine humorvolle, realitätsnahe und vor allem wichtige Geschichte darüber, wie manchen Mädchen das Leben schwer gemacht wird, nur weil sie nicht dem gesellschaftlichen Schönheitsideal entsprechen. Eine Geschichte, die nicht nur Jugendliche begeistern wird.

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