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Jeffers, Oliver und Sam Winston:
Wo die Geschichten wohnen
Aus dem Englischen von Brigitte Jakobeit
München: Mixtvision Verlag 2016
EA 2016 u.d.T.: A child of books
16 ungez. Bll.
€14,90
Bilderbuch ab 3 Jahren

Jeffers, Oliver und Sam Winston: Wo die Geschichten wohnen

„WENN DU diesen Wörtern FOLGST, findest DU den WEG“

von Merle Bels, Gina Jenderny, Laura Mehlem und Jessica Mallmann (2017)

„Das Kind der Bücher“ lädt ein anderes Kind auf eine Reise durch die Welt der Geschichten ein: Sie segeln über ein Meer aus Wörtern, erklimmen Berge aus Märchen, schlafen in Wolken aus Musik und entkommen Ungeheuern in verwunschenen Schlössern. Es ist eine Welt grenzenloser Fantasie und Freiheit, in der jeder willkommen ist, die uns Oliver Jeffers und Sam Winston in ihrem Bilderbuch „Wo die Geschichten wohnen“ präsentieren. Diese fantastische Welt wird auf außergewöhnliche Weise bildlich dargestellt. Die Orte, die die Kinder gemeinsam bereisen, werden zum Großteil durch eine entsprechende Anordnung von Wörtern, Texten und Buchstaben verbildlicht. So bewegen sich die beiden durch die unterschiedlichsten Geschichten, denn die Meere, Zauberwälder und Wolken bestehen aus Titeln und Textauszügen beliebter Kinderbücher, die thematisch zu den Erlebnissen der Kinder passen. Darunter lassen sich unter anderem Klassiker wie „Robinson Crusoe“, „Gullivers Reisen“, „Pinocchio“ und „Zwanzigtausendmeilen unter dem Meer“ finden. Bild und Text sind somit während des gesamten Buches auf raffinierte Art aufeinander abgestimmt. Dieses Zusammenspiel von Sprache und Bild wird auch durch den Schreibstil der Hauptgeschichte gewahrt. Er zeichnet sich dadurch aus, dass Aussagen, die zunächst wie eine Metapher klingen, auf Grund der bildlichen Darstellung keine Metaphern sind – so segelt die Protagonistin wirklich über ein „Meer aus Wörtern“ und „erklimmt Berge aus Märchen“. Auch die Perspektive, mit der die Leser*innen auf die Geschichte schauen, ist besonders. Auf der ersten Seite ist ausschließlich ein Stück Pergament und eine Schreibfeder zu sehen. Leser*innen bekommen das Gefühl, bei der Entstehung der Geschichte vom Kind der Bücher dabei zu sein, denn dieses Stück Pergament bildet auf den nächsten Seiten das Segel von einem Floß, mit dem sich das Mädchen auf die Reise begibt. Bei jedem Umblättern wird das Stück Pergament weiter beschrieben, sodass die Kinder, und mit ihnen die Leser*innen, Seite um Seite tiefer in die Welt der Geschichten eindringen. Dieser Effekt wird sowohl durch eine handschriftähnliche Schriftart, als auch durch die farbliche Gestaltung des Bilderbuches unterstützt. Der realen, schwarz-weißen Welt steht eine bunte, kreative und vielfältige Welt der Literatur gegenüber. Verkörpert wird letztere durch das Mädchen, das dem Schwarz-Weiß mit Farbe strotzt und seinen neuen Freund immer tiefer in ihre bunte Heimat führt. „Wo die Geschichten wohnen“ wird für Kinder ab 3 Jahren empfohlen. Zum Vorlesen ist dieses Bilderbuch durchaus geeignet und durch große Bilder wahrscheinlich schon für die Kleinsten interessant. Es ist jedoch fraglich, ob es auch eine geeignete Lektüre für Leseanfänger*innen darstellt. Die Schriftart, die für die Haupterzählung gewählt wurde, kommt der einer Handschrift sehr nahe und könnte nicht geübten Leser*innen Schwierigkeiten bereiten. Trotzdem hat das Autorenpaar Jeffers/ Winston mit diesem Bilderbuch ein Kunstwerk geschaffen, das Kinder und Erwachsene zum Lesen anregt und ihnen die Vielfalt der Literatur auf faszinierende Weise zeigt.

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