Rassmus, Jens: Der karierte Käfer – 14 3/3 Geschichten
Das kunterbunte Leben der Tiere
von Renata Roßbach (2007)
Bei den bereits im Untertitel angekündigten „14 3/3 Geschichten“ des Bandes „Der karierte Käfer“ von Jens Rassmus handelt es sich um 14 geschlossene Geschichten und eine dreiteilige Episodengeschichte. Verschiedene Tiere erleben zum Lachen Komisches und immer wieder Verblüffendes. Jede der Geschichten ist mit einem Bild der drolligen Tiere illustriert, so dass man nicht umhin kann, sie umgehend ins Herz zu schließen.
Da wird beispielsweise von einem kleinen Kaninchen erzählt, das sich aufgrund seiner verschnupften Nase und der tränenden Augen auf der Suche nach einem Taschentuch in den Bau des Fuchses verirrt – ohne es zu bemerken! Und so steigt es in sein vermeintlich eigenes Bett und schmiegt sich an den warmen Fuchs. Als der ein wenig später wach wird, traut er seinen Augen nicht und hält das neben sich schlafende Kaninchen für den Hauptdarsteller seines Traumes. Das Kaninchen dagegen erschrickt beim Erwachen sehr und verlässt in Windeseile den fremden Bau – jedoch nicht ohne dem schlummernden Fuchs seinen Schnupfen zu hinterlassen. Der Leser macht außerdem Bekanntschaft mit einem Igel, der durch seinen Pups unwissentlich eine Kettenreaktion auslöst ... In einer anderen Geschichte finden sich Löwe und Igel in ihren Träumen in Gestalt des jeweils anderen wieder und durchleben dessen Tag.
In „Der karierte Käfer“ sind Geschichten versammelt, die in einer so lustigen Sprache verfasst sind, dass man bei jeder einzelnen schmunzeln muss. Jens Rassmus hat damit erfolgreich ein neues Gebiet für sich erschlossen: Bisher arbeitete er vornehmlich als Illustrator, doch diesmal steht sein Erzählen im Vordergrund und macht deutlich, dass Rassmus’ Einfälle, die in ihrer Ausführung zwar immer bunt, doch nie überladen wirken, auch in Textform überzeugen. Er trifft einen Ton, der besonders die jungen Leser und Zuhörer begeistern wird. Wenn sich beispielsweise die Maus lautstark beschwert „Der Igel ist schuld ... Er hat gefurzt“, und sodann erklärt, dass der Gestank der Igelflatulenz sie umhertorkeln und gegen eine Blume stoßen ließ, auf der wiederum ein Schmetterling saß, der ... dann kann man sich gut vorstellen, dass sich Kinder ab vier Jahren herzlich über die kleinen und großen Tiere der Geschichten amüsieren.
Da keine der Erzählungen mehr als drei Seiten Platz beansprucht, eignen sie sich bestens zum Vorlesen bzw. als Gute-Nacht-Geschichten. Dabei lohnt es sich durchaus, das Buch an die Zuhörer weiterzugeben, damit sie auch einen Blick auf die Bilder werfen können. Die auf Wesentliches konzentrierten farbenfrohen Illustrationen fangen den individuellen Charakter der einzelnen Figuren gut ein und schenken ihnen ein auch optisch liebenswertes Erscheinungsbild. Sie unterstreichen darüber hinaus Rassmus’ lockeren Umgang mit den Konventionen der Fabelwelt: So sprechen die Tiere nicht nur, sie werden durchweg stark vermenschlicht, wobei die ansonsten von Fabeln gewohnten Belehrungen ausbleiben. In einem Bild schlendern Löwe und Nashorn in aufrechtem Gang aus dem Palast. Der Text verrät zudem, dass das Nashorn versucht, dem Löwen seinen Status als König der Tiere streitig zu machen – bis der Elefant kommt und den Titel beansprucht. Die beiden abservierten Vorgänger stört das jedoch nicht allzu sehr und sie entscheiden sich, die neu gewonnene Zeit für ein Picknick zu nutzen. Dem Elefanten, der die beiden aus seinem Palast beobachtet, dämmert derweil, dass König sein nicht so spannend ist, wie er sich das dachte. Diese Übertreibung und Ironisierung der alten Fabelwelt lässt sich in allen Geschichten wiederfinden.
Dabei sind manche der hier vereinten Minigeschichten den kindlichen Empfindungen näher, als sie auf den ersten Blick vermuten lassen. So tritt der Elefant nicht nur, wie die meisten der Tiere, in mehreren Geschichten auf, er hat auch in gleich zweien die Hauptrolle inne: Ist er in der ersten Erzählung mit sich und seinem Aussehen ganz und gar unzufrieden – was ihm äußerst schlechte Laune beschert –, so schäumt er in der zweiten vor Selbstverliebtheit beinahe über. Und wem ist es nicht selbst schon einmal so ergangen, dass er sich an einem Tag gut und schon am nächsten gar nicht mehr ausstehen konnte?
Die letzte Geschichten wird schließlich zum großen Ensemblestück: Da sind Maus, Löwe, Igel und all die anderen beim Fußballspiel vereint. Gern wird man sich auch nach der Lektüre an sie zurück erinnern – und leise dabei schmunzeln.