Leseprobe „Das Haus des Windes“
Mom, hör mir zu. Willst du denn nicht, dass wir ihn kriegen?
Sie öffnete die Augen. Ihre Augen waren schwarze Löcher. Sie antwortete nicht.
Mom, hör mir zu. Ich werde ihn kriegen, und dann verbrenne ich ihn. Ich töte ihn für dich.
Sie setzte sich plötzlich auf, wie von den Toten auferstanden. Nein! Du nicht. Bloß nicht. Hör zu. Joe, das musst du mir versprechen. Du sollst nicht nach ihm suchen. Du sollst überhaupt nichts tun.
Doch, das werde ich, Mom.
Ihre plötzliche heftige Reaktion löste irgendetwas in mir aus.
Ich bohrte weiter.
Das werde ich. Niemand wird mich aufhalten. Ich weiß, wer er ist, und ich kriege ihn. Du kannst nichts dagegen tun, weil du hier im Bett rumliegst. Weil du hier nicht wegkannst. Weil du hier gefangen bist. Und es stinkt hier. Weißt du überhaupt, dass es in diesem Zimmer stinkt?
Ich ging zum Fenster und wollte gerade das Rollo hochziehen, als meine Mutter mich ansprach. Ich meine, meine Davor-Mutter, die Mutter, die mir noch etwas zu sagen hatte, die sprach mich an.
Hör auf damit, Joe.
Ich drehte mich nach ihr um. Sie saß aufrecht im Bett. Ihr Gesicht war ganz und gar blutleer. Ihre Haut wirkte teigig, sonnenlos. Aber sie sah mich fest an und sprach ruhig und bestimmt.
Hör mir gut zu, Joe. Du wirst mich nicht quälen und belästigen. Du wirst mich in Ruhe so viel nachdenken lassen, wie ich will, und zwar hier. Ich muss gesund werden, so gut ich eben kann. Du wirst mir keine Fragen stellen und mir keine Sorgen bereiten. Du wirst nicht nach ihm suchen. Du wirst mir keine Angst einjagen, Joe. Ich habe für den Rest meines Lebens genug Angst gehabt. Du wirst meine Angst nicht noch größer machen. Du wirst meine Trauer nicht noch größer machen. Ich will nicht, dass du Teil davon bist.
Ich stand da und war wieder klein. Teil wovon?
(S. 107 f.)