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Ballhaus, Verena, Bruno Blume, Quint Buchholz, Nadia Budde, Jacky Gleich, Susanne Janssen:
Wer liest, ist
Rostock: Hinstorff 2006
80 S.
€ 15,90
Bilderbuch für jedes Alter

Ballhaus, Verena, Bruno Blume, Quint Buchholz, Nadia Budde, Jacky Gleich, Susanne Janssen: Wer liest, ist

All you can read

von Anika Knott und Felix Giesa (2006)

Wie ein ausgewogenes und abwechslungsreiches Menü soll das Bilderbuch „Wer liest, ist“ zu genießen sein. Nach einer Idee des Autors Bruno Blume und der Illustratorin Jacky Gleich entstand ein Bilderbuch, das zum Lesen anregen soll. Der ‚Koch’ Bruno Blume hat ein Gedicht über Dimensionen des Lesens verfasst, und dieses wurde von fünf IllustratorInnen ‚genossen’ und auf je unterschiedliche Weise bildlich umgesetzt. Das lässt bereits das Titelbild erkennen, auf welchem sich die Figuren der Künstler um das Gericht des Koches versammeln. „Wer liest, ist“ eben, aber er ‚isst’ auch das servierte Menü. Dabei hat man die Möglichkeit, immer wieder neues zu entdecken.

Bruno Blume ruft in kindlich naiver Form Momente des Lebens auf. Dabei eröffnet sich dem Betrachter beim Lesen die Bedeutung einzelner Lebensbereiche. „Wer heizen kann, hat`s warm“ und „Wer nicht träumt, versäumt“ bedarf keiner weiteren Begründung. Die Namen der IllustratorInnen lesen sich wie ein ‚Who´s who’ der deutschen Illustratorenszene. Den verschiedenartigen Ansätzen ist es zu verdanken, dass trotz des immer gleichen Ausgangstextes beim Betrachten der Bilder keine Langeweile aufkommt. Die unterschiedlichen Umsetzungen variieren dabei nicht nur in ihrem Gestus, sondern auch in ihrem Bild-Text-Verhältnis. Mal ist der Text in das Bild integriert, mal als Bildtitel angefügt oder auch an den Rand des Buchfalzes gerückt. Die vielfältige Bedeutung der Worte Bruno Blumes entfaltet sich dabei beim Betrachten der einzelnen Bilder, wobei dem Text eine jeweils unterschiedliche Gewichtung zukommt. Sind die Zeilen des Gedichtes für sich bereits vieldeutig, so entfalten sich in der Kombination zwischen den einzelnen Bildern und den Gedichtzeilen weitere Bedeutungen. Der Leser ist dazu angehalten, sich intensiv mit Bild und Text auseinanderzusetzen. Somit wird das exakte Betrachten und sinnentnehmende Lesen geschult.

Während die bildnerische Umsetzung des Gedichtes fünf völlig verschiedene Bildprogramme entstehen lässt, gibt es bei den Erzählweisen durchaus Parallelen. So wählen Nadia Budde und Jacky Gleich einen narrativen Handlungsrahmen. Nadia Budde bettet das Gedicht in den Lebenslauf eines kleinen grünen Monsters. Ihre stilisierend gehaltenen Bilder und flächig computerkolorierten Figuren bewegen sich auf den Doppelseiten wie vor einem Trickfilmhintergrund. Jacky Gleich hingegen stellt das Gedicht voran und fügt ihre expressiven Ölbilder in einen Kontext von Geburt und Aufwachsen.

Susanne Janssen und Verena Ballhaus wählen einen spielerischen Ansatz bei ihrer bildnerischen Interpretation des Gedichts. Die szenischen Bilder entfalten dabei ihre individuelle Wirkung. Susanne Janssen lässt den Zuschauer in das Abenteuer Zirkus eintauchen und erweitert die Vorgabe mit „Wer liest, ist … im Zirkus“ zu einem festgesteckten szenischen Rahmen. Vor dem Bildhintergrund, bestehend aus Fotocollagen, präsentieren die unterschiedlichsten Artisten ihre Zirkuswelt zu Blumes Gedichtzeilen. Verena Ballhaus hingegen ‚verschiebt’ Buchstaben und lässt Wörter ‚tanzen’. Das „i“ schiebt schwungvoll das „e“, während das „l“ die Kanten eines Buchstabenrasters entlang klettert. In diesem Raster finden sich alle drei Buchstaben zusammen und werden zu unterschiedlichen Wörtern. Ballhaus spielt mit Sprache, was sich auch in der künstlerischen Bildgestaltung widerspiegelt. Die Schrift wird zum Element des Bildes, welches sich aus verschiedensten Materialien zu einer Collage zusammenfügt. Diese ist reduziert und lässt dem Text so Freiraum zum Spiel.

Quint Buchholz wählt eine ganz andere Herangehensweise. Bei ihm entstanden die Bilder nicht exklusiv für das vorliegende Buch, sondern er verwendet vierzehn bereits existierende großformatige Werke sowohl aus Acryl als auch aus Öl auf Leinwand. Diesen werden die Gedichtzeilen als Bildtitel zugeordnet. Durch diese Zuordnung erhalten sowohl das Gedicht als auch die einzelnen Bilder eine ganz neue, philosophische Bedeutung. Jeder Bildtitel steht im Gegensatz zu den surrealen Bildern, die alle ihre individuelle Rätselhaftigkeit ausstrahlen. Fotorealistische Elemente und eine detaillierte Malweise werden kombiniert mit der Darstellung unmöglicher Dinge. So steht ein Vogel mit einer Nashornmaske einem Löwen in Schafsmaske gegenüber: „wer lügt, betrügt“.

Somit ist es am Ende des Buches wie bei einem guten Fünf-Gänge-Menü: Mancher Gang bleibt delikater in Erinnerung als ein anderer, aber das kulinarische Gesamterlebnis ist vollkommen überzeugend. Bei so vielen ausgezeichneten literarischen und künstlerischen ‚Köchen’ hat jeder Leser die Möglichkeit, seinen persönlichen Favoriten zu finden. Aber im Unterschied zu einem Menü lässt sich „Wer liest, ist“ immer wieder genießen.

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