Bachmann, Stefan: Palast der Finsternis
Unterirdischer Lesestoff - im doppelten Sinne…
von Thomas Fischer (2018)
Fünf Jugendliche aus den USA werden von einer geheimnisvollen Organisation eingeladen, ein unterirdisches Schloss in Frankreich zu erforschen, das zur Zeit der Französischen Revolution als Zuflucht für Adlige errichtet wurde.
Die drei Jungen und zwei Mädchen haben alle (angeblich) besondere Begabungen, die sie für diese anspruchsvolle Aufgabe qualifizieren. Doch als sie an Ort und Stelle eintreffen, erkennen sie bald, dass sie in eine nahezu ausweglose Situation geraten sind: Sie müssen sich in einer unterirdischen, halb barocken, halb hochtechnisierten Kunstwelt gegen komplizierte Fallen, Roboterarmeen und psychologischen Terror zur Wehr setzen. Zu ihrer Unterstützung stehen ihnen nur zwei seltsame, verletzte Gestalten zur Verfügung, deren Loyalität zweifelhaft ist. Erst nach und nach begreifen die Teenager, dass sie einer Verbrecherorganisation auf den Leim gegangen sind, gegen die es scheinbar keine Gegenwehr gibt…
Der Roman besteht aus einer Abfolge rasanter Spannungselemente, die stark an die Ästhetik von Videospielen angelehnt ist. Versatzstücke des Thrillers und der Fantasy-Literatur sind zu einer atemlosen Verfolgungsjagd verschmolzen, die aber allzu sehr an der Oberfläche verharrt. Die fünf jungen Leute bleiben blass, sie entwickeln sich emotional nicht weiter. Dies gilt besonders für die kaltschnäuzige Ich-Erzählerin Anouk. Und auch die Bösewichte entpuppen sich als eine Art Zombies, die notgedrungen eindimensional wirken. Die an sich hochaktuellen Themen Waffenhandel und Gentechnologie, als deren Protagonisten sich die Schurken erweisen, werden nur ganz am Rande abgehandelt.
Erstaunlich ist, dass die Veröffentlichung dieses als Roman getarnten Videospiels bei Diogenes erfolgt ist, einschließlich Glitzercover und reißerischem Klappentext, wie man ihn eher bei Bastei-Lübbe verortet hätte. Sicher wird der Text des erst 23-jährigen Autors sein dankbares Genre-Publikum finden, das technisierte Psycho-Schmonzetten à la „Boy 7“ oder „Maze Runners“ liebt. Doch sollte der in der Schweiz lebende Amerikaner Stefan Bachmann bei künftigen Romanen berücksichtigen, dass selbst hochbegabte Jugendliche auch mal essen und trinken müssen – oder verliebt sind. Zwei Mädchen und drei Jungs auf eine Abenteuerreise zu schicken, in er es nicht mal einen flüchtigen Kuss gibt, das ist auch mit amerikanischer Prüderie nicht zu entschuldigen.
Das Geschehen wird auf zwei Zeitebenen referiert, in beiden Fällen in Ich-Form: In der Gegenwart erzählt die Hauptfigur Anouk von ihren Abenteuern, im Revolutionsjahr 1789 ihre Vorfahrin Amélie, die von der Erbauung des geheimen Schlosses berichtet. Die Sprache ist simpel und mit Jugendjargon versetzt, die deutsche Übersetzung gelegentlich holprig.