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Ziegler, Reinhold:
Version 5 Punkt 12
Weinheim u. a.: Beltz & Gelberg 1999
240 S., € 7,40

Ziegler, Reinhold: Version 5 Punkt 12

Ich wollte diese Welt nicht verändern ...

von Julia Neuhaus (1998)

2025: In Untersuchungshaft muss Tubor Both einem „Investigator“ des EURO-Courts über seinen Kampf gegen die „Compukratie“ berichten. – Die Geschichte beginnt im Jahre 1999 mit Tubors hoffnungsvollem Aufbruch ins neue Jahrtausend. Nach Abitur und Studium gelingt es dem 26-Jährigen, einen Arbeitsplatz als Statistiker zu finden. Die bald darauf einsetzende Wirtschaftskrise zwingt ihn jedoch 2013 dazu, nach Wohnwiesen umzusiedeln. Erst allmählich merkt Tubor, dass er nicht zufällig in dieser Modellstadt nahe Berlin gelandet ist, „in der alle technischen und informellen Systeme auf dem neuesten Stand“ sind. Anonymität bestimmt das Leben der Menschen. Sämtliche Handlungen – vom Einkaufen bis zu persönlichen Verabredungen – werden über eine Chip-Karte erfasst und im Datenzentrum, kurz DaZe, gesammelt und analysiert.

Die Zukunftsvision, die Reinhold Ziegler entwirft, ist beklemmend: Ein Computer hat die totale Kontrolle über alles. Angestrebt wird eine möglichst konsumeffiziente Steuerung der Menschen. Diese werden zu „müden Magneten“, die ihre Anziehungskraft füreinander verloren haben. Auch Tubor leidet unter dieser Beziehungsunfähigkeit, diesem Gefühl totaler Leere, dem auch der Alkohol keine Abhilfe schafft. Die technisch wirkende Sprache mit so zukunftsweisenden Vokabeln wie „voicesignen“ oder „teewhyten“ verstärkt die trostlose Atmosphäre. Selbst Tubors Liebesbeziehungen werden emotionslos abgehandelt.

Tubor tritt seinen neuen Job im Datenzentrum an und wird so zunächst selbst zu einem Baustein der allmächtigen Computermaschinerie. Erst sein Onkel Ro öffnet ihm die Augen: „Jeder kontrolliert jeden. Die eigentliche Kontrolle besteht nicht mehr im Inhalt der Kontrolle, sondern in ihrer Art. Und ihr [...] sollt den kontrollieren, der die Kontrolle kontrolliert. Es ist eine Wahnsinnsfahrt, aber alle scheinen sich wohl zu fühlen.“ Allmählich regt sich in Tubor Widerstand gegen diese Computertechnik, die die Individuen nicht nur analysiert und kategorisiert, sondern auch manipuliert. Mithilfe der 65-jährigen Chris, die selbst die vorhergehende Programmversion 5 Punkt 11 entwickelt hat, versucht er, den DaZe-Rechner lahm zu legen. Elemente der Realität werden hier mit der virtuellen Computerwelt verknüpft – für den Protagonisten wie für die Lesenden stellenweise schwierig zu unterscheiden.

Dass Tubor mit seinem Sabotageunternehmen letztlich scheitert, ahnt man leider schon früh. Trotz der pfiffigen Idee und der Sorgfalt in technischen Details – der Ingenieur Ziegler weiß, wovon er schreibt –, lässt die Erzählkonstruktion zu wünschen übrig. Weder inhaltlich noch sprachlich wird die persönliche Entwicklung des inzwischen 40-jährigen Tubor bzw. seine Distanz zum Geschehenen deutlich. Nichtsdestotrotz steht „Version 5 Punkt 12“ inzwischen auf der diesjährigen Auswahlliste zum Deutschen Jugendliteraturpreis – wie schon 1986 das (weitaus überzeugendere) „Es gibt hier nur zwei Richtungen, Mister“ von Ziegler. Auf das Urteil der Jury darf man gespannt sein.

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