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Der Traum vom Weltraum und einer barrierefreien Welt

Von Maren Conrad (2024)

Ela und ihr bester Freund Ben lieben den Weltraum, sie sind fasziniert von Planeten, Sternen und Schwarzen Löchern. Nach einem Besuch im Planetarium steht für Ela fest: Sie will Astronautin werden und gemeinsam mit Ben ersinnt sie einen Plan. Die nun folgende Geschichte rund um diesen „Ela-erobert-das-All-basta-8-Punkte-Plan“ erzählt von nervigen Nachbar*innen, zögerlichen und mutigen Eltern, barrierefreien Baumhäusern und Raketenrollstuhlrampen. Sie verbindet den Traum von der Raumfahrt mit dem Traum von einer barrierefreien Welt. Die perfekte Kombination?

In acht Kapiteln und auf knapp 70 bunten Seiten rollt Ela mit Schwung durch ihr Sommerferienabenteuer, ihr eigenes Astronautinnen-Ausbildungsprogramm. Immer an ihrer Seite ist ihr bester Freund Ben und jederzeit bereit stehen Onkel Micha und ihre Eltern zur tatkräftigen Unterstützung. Das Buch ist dabei auch sprachlich rasant geschrieben und die fantastisch bunten und vielfältigen Illustrationen von Laura Rosendorfer verorten Ela in einer ausgelassenen Verspieltheit gleichzeitig mitten im Leben und mit dem Kopf in ihrem Traum vom Weltall.

Auch wenn es immer wieder Situationen gibt, in denen Ela auf Ableismus, die alltägliche Diskriminierung und Abwertung behinderter Menschen und die Ängste ihrer Umwelt trifft, meistert Ela diese stets mühelos. Wenn etwa der Schaffner, der „Wo will der Rollstuhl denn raus?“ fragt, von ihr und Ben mit viel Lachen über seinen eigenen Unsinn aufgeklärt wird. Die Erzählung kommt trotz solcher Konfrontationen schwungvoll und schwerelos daher, konzentriert sich auf Elas Traum vom Weltraum und auf die Leidenschaften der Menschen um sie herum. Elas Leben ist also von glücklichen Menschen und sicheren Räumen geprägt, zeigt Diskriminierung zwar, aber stellt ihr ganz selbstverständlich Selbstbestimmung und Optimismus entgegen. In Elas Kosmos wird Inklusion gelebt. Wie jedes Kind hat Ela aber Stärken und Schwächen und in ihrem Leben Zweifel und Widerstände zu überwinden. Sie erkennt schließlich auch, dass es viele Wege gibt, einen Traum zu verwirklichen.  Damit steht dieses Kinderbuch fast schon programmatisch als positives Gegenbeispiel gegenüber vielen bekannten Werken mit Held*innen im Rollstuhl, wie der Klassiker „Vorstadtkrokodile“ von Max von der Grün oder „Bist Du krank, Rolli-Tom? von Matthias Sodtke, in denen Diskriminierungserfahrungen oft die ganze Erzählung dominieren.

„Als Ela das All eroberte“ zeigt in bester Weise, wie engagierte Kinderliteratur im 21. Jahrhundert aussehen kann, indem das Buch aus den sozialen Netzwerken heraus seine ganz eigenen Dynamiken entwickelt und einen ganz eigenen Kosmos aufmacht. Nicht nur handelt es sich um ein Kinderbuch, das mit Raúl Krauthausen und Adina Herrmann als Rollstuhlfahrer*innen und Autor*innen eine #ownvoice Erzählung ist, mithin also die Perspektive von Inklusionsaktivist*innen unmittelbar in die Geschichte einfließen lässt, sondern es steht auch in einem digitalen Netz von Menschen, die sich über Instagram und die Organisation Sozialhelden für Inklusion, für die Rechte von Kindern, Gleichstellung und Anti-Diskriminierung in der Gesellschaft einsetzen. Besonders sichtbar wird dies über die Vor- und Nachworte des Buches, das eingeleitet wird von der (F)Astronautin Dr. Insa Thiele-Eich, als Astro_Insa bekannt. Viele weitere bekannte Namen und Akteur*innen, etwa Nora Imlau, werden in der Danksagung genannt. Das Buch selbst hat zudem eine eigene Homepage und es gibt ein eigens für das Buch produziertes Lied „Träume und Planeten“.

Im Kosmos aktueller Kinderbücher sind #ownvoice Erzählungen bisher selten. Es bleibt daher zu hoffen, dass seltene und schöne Sternschnuppen wie das Projekt „Als Ela das All eroberte“ häufiger werden und bald ihre ganz eigene Galaxie bilden.

Bibliographische Angaben

Krauthausen, Raúl und Hermann, Adina
Als Ela das All eroberte
Illustrationen: Laura Rosendorfer
Hamburg: Carlsen Verlag 2024
Seitenzahl: 96
Kinderbuch ab 5 Jahren