Die Weltkarte der Schrift —
ein Sachbuch im Comic-Stil
von Martha Fabian, Görgen Fabian und Martha Zähe (2020)
Sobald Kinder Lesen und Schreiben lernen und ihr erstes Buch in der Hand halten, wird ihr Interesse für Schrift und Sprache geweckt. In “Es steht geschrieben. Von der Keilschrift zum Emoji” von Vitali Konstantinov können die jungen LeserInnen die Geschichte der Schriftkultur von ihrem Ursprung aus miterleben. Das Comic-Sachbuch beantwortet die Frage, wie und wo verschiedene Schriften entstanden sind und wie sie sich entwickelt haben.
Konstantinov gibt einen geschichtlichen Überblick über die entscheidende Kulturtechnik des Menschen und veranschaulicht eindrucksvoll die Vielfalt der Schrift.
Ein Comic-Sachbuch — geht das überhaupt?
Konstantinov stellt die Geschichte der Schrift sprachwissenschaftlich fundiert im Comic-Stil dar. Der Autor vermittelt seine Fachkenntnisse, macht den Leser*innen den Inhalt jedoch durch seinen Stil für junge LeserInnen zugänglich.
Doch wer denkt, dass “Es steht geschrieben” ein Buch für Jedermann sei, dem sei gesagt, dass Konstantinov die Vielzahl der parallel verlaufenden Sprachentwicklungen darstellt. Dies führt dazu, dass unterschiedliche Schriften auf einer Seite zusammengefügt werden und dies im Zusammenhang mit dem Comic-Stil zu einer ungeordneten Seitendarstellung führt, die teilweise schwer nachzuvollziehen ist.
Das Buch ist in drei Kapitel unterteilt. Sprache ist in verschiedene Ausdrucksformen zu unterteilen. Diese werden im ersten Kapitel “Sprechen - Zeichnen - Schreiben” dargelegt. Im zweiten Kapitel “Erste Schriften der Welt” geht der Autor auf die geographischen Ursprünge der Schrift ein. Im Kapitel 3 werden die einzelnen Kulturen vorgestellt, die als Schriften-Schöpfer gelten.Jedes Kapitel steht für sich und der / die LeserIn muss nicht die ganze Vorgeschichte kennen, um sich einzufinden.
“Es steht geschrieben” repräsentiert direkt zu Anfang durch eine überladene Seitengestaltung die unterschiedliche und vielfältige Entwicklung der Schriften aus aller Welt. Was ist überhaupt Schrift? Wofür braucht man Schrift? Das Buch stellt ab der ersten Seite die verschiedenen Anfänge der Schrift dar und verknüpft das vermeintliche trockene Thema der Schriftentwicklung mit einer gehörigen Prise Humor und macht es somit auch jungen Lesern zugänglich. Was bleibt, ist die Frage, wo Schrift anfängt und aufhört - Punkt, Punkt, Komma, Strich :-) - sind Emojis auch Schrift in unserer heutigen Zeit? Das Buch gibt einen geschichtlichen Einblick in unterschiedliche Länder und entführt die LeserInnen in die jeweilige Zeit. Dies wird unterstützt durch Illustrationen, bei denen der Autor mit Clicheés der einzelnen Kulturen spielt, beispielsweise bei der Darstellung von amerikanischen Ureinwohnern, Mumien und ähnlichen antiken Figuren. Die Illustrationen sind in schwarz-weißer Farbe umgesetzt mit meist roten Akzenten, die die Aufmerksamkeit des Lesers oder der Leserin auf sich ziehen.
Vom Verlag wird das Buch für 10 bis 12 Jährige empfohlen. Ist diese Altersangabe angemessen? Sowohl die komplexe Seitengestaltung, als auch der Inhalt rechtfertigen die Altersempfehlung. Auf jüngere LeserInnen können die Zeichnungen bedrohlich wirken und die behandelten Themen könnten überfordern.
Fest steht, dass es nicht zum kontinuierlichen Lesen geeignet ist, da es ein wirres Sammelsurium von mehr als 100 menschliche Sprachen darstellt. Es ist vielmehr als eine Enzyklopädie zu sehen. Wenn man sich intensiv mit diesem Buch beschäftigt könnte man meinen, von der Reizüberflutung erschlagen zu werden.
Ab einem Alter von 12 Jahren kann man davon ausgehen, dass die Vermittlung des Inhalts rezipiert werden kann. Außerdem macht der angerissene kulturgeschichtliche Hintergrund und die humorvolle und teilweise ironische Darstellung Konstantinovs Comic-Sachbuch auch für Erwachsene interessant. An der einen oder anderen Stelle wirkt die Darstellung verschiedener Kulturen jedoch etwas unsensibel. Europäer werden in dem Buch beispielsweise meist als schick angezogene weiße Männer dargestellt, während die Kulturen von anderen Kontinenten als leicht bekleidete “Wilde” gezeigt werden. Es ist klar, dass hier mit karikierenden Darstellungen von Kulturen gearbeitet wird, um eine humorvolle Wirkung zu erzeugen, jedoch sollte beim Lesen darauf geachtet werden, dass keine Vorurteile über die jeweiligen Bevölkerungsgruppen entstehen. Es ist also empfehlenswert, dass Eltern und Kinder „Es steht geschrieben“ gemeinsam lesen.
Das Buch ist außerdem ideal für den Einsatz im Schulunterricht, denn es bietet einen interessanten Einstieg in das Thema der Entwicklung der Schrift und Sprache als Teil der Kulturgeschichte der Menschheit und bietet Möglichkeiten zum Diskurs. SchülerInnen können es nutzen, wenn sie sich in unterschiedlichen geschichtlichen Kontexten bewegen und mehr über die Schriften der Zeiten erfahren möchten.
“Es steht geschrieben” ist ein Buch, welches nicht nur einmal genutzt werden kann und danach im Regal Staub ansetzt. Durch seine zugängliche Darstellung von eigentlich kompliziertem Inhalt ein gutes Nachschlagewerk bietet, das immer wieder genutzt werden kann und immer wieder neue Erkenntnisse bringt. Somit ist es in einer Schulbibliothek gut aufgehoben.