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Der etwas andere Museumsbesuch mit Oma im Ohr

von Vera Feller, Katja Habering, Mariana Kovacevic und Malina Prost (2020)

Möchte man dem vielfach ausgezeichneten Autor Nikolaus Heidelbach Glauben schenken, ist es ein Leichtes, die eigene Enkeltochter durch einen klugen Trick für die Welt der Kunst zu gewinnen. Bei einem gemeinsamen Besuch im Wallraf-Richartz-Museum Köln versetzt sich Almas Oma auf wundersame Weise in die verschiedenen Gemälde hinein. Oma diskutiert mit Alma über den Audioguide den Inhalt der Bilder und findet so eine dialogische, aber doch humorvolle Lehrmethode, die den Kindern einen Einblick in die Kunst ermöglicht. Dies ist ohne Zweifel ein charmanter Schachzug, um die Kinder in den Bann zu ziehen und lässt sich auch über die Abbildungen im Bilderbuch gut auf die Leser*innen übertragen. Allein schon die Neugier, wo die Oma versteckt ist, hat die genauere Auseinandersetzung mit dem Bild zur Konsequenz.

Almas clevere Beiträge im Gespräch mit der Oma geben außerdem weitere Denkanstöße, zeigen Lehrmethoden in Form von Dialogen über Kunst auf und führen kindgerecht in die Szenerien einer Mythologie ein. Ob man in diesem Alter bereits auf den ersten Blick ein Weltgericht erkennt oder den Weg Jesu zu seiner Kreuzigung nachvollziehen kann, ist fraglich. Allerdings ist es gar nicht relevant, da das Buch erste Informationen über große Kunstwerke und die Anregung für Umgang mit Kunst geben soll. Obwohl grundsätzlich ein eher anspruchsvoller Umgang seitens Alma mit der Kunst erkennbar ist, wird auch an einigen Stellen ein Bezug zur Lebenswelt der Kinder hergestellt. Mit der Verwechslung eines Taufbeckens mit einer Badewanne können sich vermutlich viele Kinder identifizieren.

Es fällt auf, dass der Fokus der Bilder auf dem Christentum liegt, was aus dem Titel zunächst nicht ersichtlich ist. Durch das Setting wird neben der Welt der Kunst also ein Zugang zur christlichen Welt geschaffen. Jedoch nimmt Alma die Darstellungen von Gott, der Hölle und anderen religiösen Bildern nicht ohne weiteres für bare Münze, sondern macht sich mit wachem Interesse ihr eigenes Bild. Schade, dass jedoch nicht die Künstler erwähnt werden oder es gar eine Erklärung zu den Kunstwerken gibt, beispielsweise in Form eines Glossars.

Auch wenn die sprachliche Gestaltung wenig ausgeschmückt ist, besticht der Text durch amüsante Dialoge von Alma und ihrer Oma. Die verschiedenen Museumsbesucher*innen lassen ebenfalls schmunzeln, da sie teilweise sehr klischeehaft- unter anderem mit Blick auf das Handy anstatt auf die Bilder- dargestellt werden.

Nicht so gut gelungen und dadurch etwas verwirrend und willkürlich wirkt die Schlussszene, in der Alma und Oma im Museumscafé ohne weiteren Kontext von einer Kellnerin in der Gestalt eines Engels bedient werden. Diese Begegnung soll vermutlich die Verzauberung eines Museumsbesuchs darstellen, sodass man die Welt danach ganz anders wahrnimmt.

Heidelbach fordert Kinder mit diesem Buch dazu auf, genau hinzusehen unter dem Aspekt, dass man nicht immer alles auf einmal sehen kann. Dieses Anliegen wird besonders mit Blick auf seinen künstlerischen Hintergrund nachvollziehbar. Als Sohn des Malers Karl Heidelbach und studierter Kunsthistoriker verbindet er seine Leidenschaft mit seinem weiteren Studienfach, der Germanistik. Dieses Bilderbuch ist eine charmante und aber auch ungewöhnliche Art und Weise der Auseinandersetzung mit historischen Kunstwerken.

(Groß-) Eltern sollten sich viel Zeit nehmen, um mit Kindern in dem vorgesehenen Alter von 6-8 Jahren zu lesen und zu erklären, nicht nur weil es um historische Kunstwerke geht, sogar mehr noch: um religiöse.