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Holmberg, Bo R.:
So was macht die Liebe
Aus dem Schwedischen von Angelika Kutsch
Hamburg: Oetinger 2002
128 S., € 8,50

Holmberg, Bo R.: So was macht die Liebe

Fragen über Fragen

von Kerstin Schubert (2003)

Tun sie’s oder tun sie’s nicht? Das ist eine von vielen Fragen, die Agnes im Kopf herumschwirren. Onkel Jörgen und seine neue Freundin Sybilla tun es ganz sicher, ihr Halbbruder Martin und Elenor wohl auch. Papa tut es wahrscheinlich wieder, seitdem er Solveig kennt. Oma und Opa sind bestimmt schon zu alt dafür und Agnes und ihr Freund Douglas tun es vielleicht irgendwann einmal.

Seit Agnes weiß, dass Martin eine Freundin hat, stellt sie sich diese Fragen. Auf einmal dreht sich für sie alles um die Liebe. Die Liebe – sie kann glücklich machen, Nähe zu einem Menschen bedeuten und sie kann einen Menschen verändern. Das merkt Agnes, die seit dem Tod ihrer Mutter mit ihrem Vater Stig und Martin allein lebt. Wenn Onkel Jörgen früher zu Besuch kam, hat er immer viel mit ihr unternommen. Doch jetzt hat er nur noch Augen für Sibylla. Papa steht plötzlich wieder singend unter der Dusche und Martin ist glücklich und verbringt seine Freizeit mit Elenor. Als Elenor sich jedoch von Martin trennt und der sich weinend in seinem Zimmer einschließt, erlebt Agnes, dass die Liebe auch sehr weh tun kann.

Durch Martins Beziehung zu Elenor wird Agnes’ Verhältnis zu ihrem Bruder auf die Probe gestellt. Martin unternimmt kaum noch etwas mit seiner Schwester und bezieht sie nicht mehr so in sein Leben ein. Agnes registriert das Verhalten ihres Bruders genau und begibt sich daraufhin auf Entdeckungsreise in ihrem Umfeld. Sie beobachtet Verwandte, Bekannte und Freunde in ihren bereits bestehenden oder möglichen Beziehungen und dringt so immer tiefer in die Welt der großen Gefühle ein.

Bo R. Holmberg schildert Agnes Entdeckungsreise in kurzen, episodenhaft aufgebauten Kapiteln. Er bedient sich einer einfachen, jedoch keinesfalls flachen Sprache, die mit vielen Bildern durchsetzt ist: ”Die Schlange schlängelte sich in ihr, durch ihren Hals, ihre Brust und ihren Bauch.” Zahlreiche Momente, in denen Agnes ihre Entdeckungen aus kindlicher Sicht reflektiert oder – um Zeit zum Nachdenken zu haben – „Mississippis“ zählt, regen zum Schmunzeln an und bilden einen Kontrast zu den nachdenklichen Momenten, in denen sie sich an ihre Mutter erinnert.

Fragen über Fragen und Lieben über Lieben. Manchmal begegnet Agnes diesen mit der Leichtigkeit kindlicher Naivität, aus der heraus sie sich von ihrem Freund trennt, um sich solidarisch mit ihrem Bruder zu erklären. Manchmal agiert sie aber auch mit soviel aufmerksamer Beobachtungsgabe und Empathie, dass sich manch Erwachsener eine Scheibe davon abschneiden könnte.

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