Sammelrezension „Das ganz normale Chaos – ‚Normale’ Familien im Kinderbuch“
Zöller, Elisabeth: Die Chaosfamilie / Die Chaosfamilie ist verliebt / Ski heil, Chaosfamilie / Die Chaosfamilie weihnachtet / Cleary, Beverly: Ramona hilft Papa / Ramona liebt Mama – meistens / Ramona oder Eine wirklich nette Familie / Ramona
Das ganz normale Chaos
von Sabine Elias (2001)
Die Diskussion um die Vielfalt von Lebensformen verstellt manchmal den Blick darauf, dass auch gegenwärtig – zumindest in Familienphasen mit minderjährigen Kindern – traditionelle Muster dominieren. Zwei Kinderbuchserien widmen sich dem Phänomen ‚normale’ Familie in unterschiedlicher Güte.
Von Zöllers „Chaosfamilie König“ liegen inzwischen sechs Bände vor, in denen die erst neun-, später zehnjährige Bella von ihrer Großfamilie berichtet: Der Umzug in das erste Eigenheim, eine ,,1/2 Weltreise“ oder ein 100. Geburtstag sind Themen der gar nicht allzu chaotischen Alltagsepisoden. Diese heile Welt, stabile Figurenkonstellationen und stereotype Handlungsmuster laden zur Identifikation ein und ermöglichen den jungen Lesern Flucht aus dem Alltag. In kurzen Kapiteln wird in einfachen Sätzen und Bildern erzählt und leider oft an kindlicher Erfahrungswelt vorbei gezielt. Die schlichten Schwarz-Weiß-Illustrationen von Erhard Dietl und das große Schriftbild dienen als Unterstützung für ungeübte Leser.
Etwas anspruchsvolleres Lesefutter bieten die vier Ramona-Bände der amerikanischen Autorin Beverly Cleary. Aus der Sicht der kindlichen Protagonistin wird ein recht unproblematisches Familienleben geschildert. Das Angebot von Stereotypen wirkt verlässlich und entlastend. In „Ramona hilft Papa“ sorgt sich die Siebenjährige um das Familienglück, das durch die Arbeitslosigkeit des Vaters gefährdet ist. Geldsorgen und kleine Alltagsnöte belasten auch in „Ramona liebt Mama – meistens“ und in „Ramona oder eine wirklich nette Familie“ das Zusammenleben. Geschwisterbeziehungen sind Hauptthema im bislang letzten Band. Die inzwischen neun Jahre alte Ramona muss sich – neben ihrer älteren Schwester – jetzt auch mit Baby Roberta arrangieren. Die an Kinderzeichnungen erinnernden Illustrationen von Oliver Wenniges greifen einzelne Episoden auf und ergänzen so den Text.
Leseprobe „Ramona oder Eine wirklich nette Familie“