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Mireille Geus:
Virenzo und ich
Aus dem Niederländischen von Ita Maria Berger
Stuttgart: Urachhaus 2005
120 S., € 11,90

Geus, Mireille: Virenzo und ich

Ein Tag wie kein anderer

von Danielle Dockendorf und Nicole Schäfer (2006)

„Man stirbt nicht, wenn man erst elf Jahre alt ist. Man stirbt, wenn man achtzig oder hundert Jahre alt ist.“ Außerdem kann man nicht einfach sterben, „wenn man noch etwas zu besprechen hat. Das wäre ja wohl etwas zu einfach.“

Jan und Virenzo sind sehr verschieden – und dennoch die besten Freunde. Alles unternehmen sie miteinander: Gemeinsam lachen sie über dreckige Witze, essen beide gerne Pfannkuchen und sitzen beim Segeln immer im selben Boot. Bis zu dem Tag, der wie kein anderer ist, dem Tag, nach einem belanglosen Streit, an dem sie das erste Mal nicht im selben Boot sitzen, und an dem Virenzo durch einen Segelunfall stirbt ...

Freundschaft und Tod sind die zentralen Themen, mit denen sich die niederländische Autorin Mireille Geus in ihrem Kinderbuch „Virenzo und ich“ auseinandersetzt. Durch die beiden, auch typografisch voneinander abgehobenen Erzählperspektiven werden dem Leser die Unterschiede zwischen den zwei Jungs verdeutlicht. Abwechselnd, teils wiederholend und unterschiedlich akzentuiert, wird aus der jeweiligen Sicht der Protagonisten die Geschichte entwickelt: Virenzo, der selbstbewusste, dunkelhäutige Spaßmacher berichtet in der Ich-Form über sein Leben, das ihm nicht immer so gut gefällt: Seine alleinerziehende Mutter lebt von Sozialhilfe und kann sich nicht leisten, Virenzo z. B. die teure, rote Kappe zu kaufen, die er sich so sehr wünscht. So eine rote Kappe, wie Jan sie besitzt und mit der Virenzo richtig cool aussieht. Jan hingegen ist der verträumte und schüchterne von den beiden. Über ihn wird in der dritten Person berichtet. Erst am Ende wechseln die Perspektiven. Dann erzählt Jan dem Leser mit neu gewonnenem Selbstvertrauen, wie er den Pokal der Dame-Schulmeisterschaften gewinnt, den Virenzo noch im Jahr zuvor gewonnen hatte.

Das Thema des plötzlichen, unerwarteten Todes eines Freundes scheint zwar zu Beginn des Buches nicht das Zentrale zu sein, ist aber trotzdem allgegenwärtig. In der Schule liest die Lehrerin Astrid Lindgrens Kinderbuchklassiker „Die Brüder Löwenherz“ vor, was dazu führt, dass die Fragen nach einem Leben nach dem Tod für die beiden Freunde – und auch für den Leser – schon lange vor dem tragischen Unfall ins Blickfeld rücken.

Wie geht man aber damit um, wenn der beste Freund in Wirklichkeit stirbt? Jan ist zutiefst verzweifelt und will Virenzos Tod zunächst nicht wahrhaben. Große Schuldgefühle quälen ihn: „Hätten wir uns nicht gestritten, wäre das alles nie passiert.“ Er findet Halt und Trost in Astrid Lindgrens Geschichte, die für ihn plötzlich viel mehr darstellt, als bloße Schullektüre. Erzählt wird von dem Ort „Nangijala“. Dorthin kommt man, wenn man stirbt. An diesem Ort gibt es keine Zeit, so dass das Warten für Virenzo nicht lange dauert. Außerdem kann man dort „sogar richtig spannende Abenteuer“ erleben. Jan weiß, dass Nangijala der Ort ist, an dem Virenzo auf ihn wartet und an dem sie sich wiedersehen werden. Das haben sich die Freunde schließlich versprochen ...

Die Gefühlswelle, die den Leser dieses Buches ergreift, lässt ihn die Trauer und Verzweiflung der Weiterlebenden mitfühlen. Mit Hilfe der Geschichte von Astrid Lindgren, die in Geus’ Buch als Parallelgeschichte benutzt wird, schafft die Autorin es, Kindern ein ernstes und trauriges Thema nahe zubringen. Zu Recht ist Mireille Geus hierfür 2004 von der niederländischen Kinderbuchjury „Der goldene Griffel“ mit dem „Vlag en Wimpel-Award“ ausgezeichnet worden.

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