Sís, Peter: Robinson
Jedes Kind braucht eine Insel. Eine Robinsonade für junge Leser*innen
von Anna Lena Ciplajevs, Nathalie Nölle, Jacqueline Schäfer, Katarina Wagner (2019)
„Meine Freunde und ich lieben Abenteuer.“ Mit diesen Worten beginnt die von Peter Sís liebevoll illustrierte und getextete Hommage an das weltbekannte Inselabenteuer, das dieses Jahr sein 300. Jubiläum feiert.
Während seine Freunde zum Kostümfest als Piraten gehen, hat die Mutter des Helden eine andere Idee: Robinson Crusoe. Ohne zu erkennen, wen Peter darstellen will, lachen seine Freunde ihn aus. Gekränkt und niedergeschlagen schläft er zuhause ein und beginnt sich sein eigenes Abenteuer zu erträumen: Das Buch verwandelt sich in ein Segel und sein Bett in ein Boot. So einsam, wie er sich beim Einschlafen fühlt, findet der Junge sich nun auf einer verlassenen Insel wieder. Er lernt, im Einklang mit der Insel zu leben, bis sie zu seinem Zuhause wird, in dem er sich stark und mutig fühlt. Auch die Furcht vor den Piraten verfliegt, sobald sie sich als seine Freunde entpuppen, die ihn aus seinem Traum aufwecken und bereit sind für neue Abenteuer. Das für Robinsonaden typische Motiv der Einsamkeit verbindet die Leser*innen mit dem Helden. Er fühlt sich von seinen Freunden verlassen und muss neuen Mut schöpfen, um die Kränkung des Ausgeschlossenseins zu verarbeiten und selbstbewusst in die Gruppe der Freunde zurückzukehren.
In detailreichen Aquarellen macht Sís diese Gefühle und Eindrücke sowohl durch den Wechsel zwischen düsteren und fröhlichen Farben als auch durch die unterschiedlichen Perspektiven plastisch erfahrbar. Die teilweise an Chagall erinnernde Bildgestaltung wechselt von kleinteiligem Comicstil zu großzügig gestalteten Doppelseiten und lädt zu einer eigenen Entdeckungsreise ein.
Der vielfach ausgezeichnete Peter Sís überzeugt wieder einmal: auf den ersten Blick unscheinbar, bei näherer Betrachtung jedoch sehr facettenreich kommt seine autobiographisch begründete Bildererzählung daher. Junge Leser*innen ab 4 Jahren führt er an das Genre der Robinsonaden heran und erweckt Lust auf mehr. Der Plot, aber vor allem das Ein- und Auftauchen aus dem Inseltraum erinnert darüber hinaus stark an „Wo die Wilden Kerle wohnen“ von Maurice Sendak 1963. Sís erschafft einen zunächst fremden und später sicheren Rückzugsort, an dem Peter und seine Leser*innen, Mut und Stärke wiederfinden. Robinson: Eine bildgewaltige Geschichte über kindliche Autonomie, Freundschaft und die Lust am Abenteuer.