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Janisch, Heinz/ Soganci, Selda Marlin:
Herr Jemineh hat Glück
St. Pölten u. a.: NP 2004
o. P., € 14,90

Janisch, Heinz (Text) und Selda Marlin Soganci (Illustration): Herr Jemineh hat Glück

Universum Rosarot

von Nikola I. Sutter (2005)

Bei sieben Knödeln erzählt Herr Jemineh Frau Jemineh seine sieben skurril-abenteuerlichen Reisegeschichten, die auf ihre Art siebenmal glücklich enden und ihn letztendlich zu seinem größten Glück führen. Dass Herr Jemineh nicht gerade der geborene Glückspilz ist, lässt schon sein Name erahnen. Nicht nur, dass bei ihm ein kurioses Missgeschick das andere jagt, auch sein rund-kurzes Aussehen zeugt davon, dass er nicht gerade vom Glück begünstigt ist.

Gesegnet ist er allerdings mit der Gabe, Ereignisse, mögen sie für andere noch so unglücklich sein, immer positiv zu sehen und das sprichwörtliche Glück im Unglück zu finden. Egal, ob ihn während seiner Reise ein Dampfer streift oder ihm ein Elefant auf den Kopf fliegt, nichts kann ihm seinen unglaublichen Optimismus rauben, denn schließlich hätte er nie seine Frau kennen gelernt, wäre ihm nicht ihr Blumentopf auf den Kopf gefallen.

Die hell-freundlichen, kontrastreichen Bonbonfarben und der figurativ-skurrile Zeichenstil spiegeln Herrn Jeminehs lebensbejahende Einstellung und seine verklärende rosarote Weltsicht wider. Beides spricht auch aus den heiter stimmenden, harmonisch-runden Bildkompositionen mit den detailliert ausgearbeiteten floral-organischen Formen und Strukturen – hier bleibt keine Tapete monoton, keine Tischdecke ohne Kreuzstich.

Die gegenständlichen, teils naiv anmutenden Zeichnungen leben durch die detailverliebte Ornamentik und lassen das Auge immer wieder Neues entdecken. Abwechslungsreich und spielerisch stellt sich in den Bildern auch die Verwendung von Aquarellfarben, Kreiden, Bleistift und Druck dar; lasierende Farben wechseln mit opaken, wie wir es auch schon aus Janischs und Sogancis Erstlingswerk „Schenk mir Flügel“ kennen. Das organische Moment – verstärkt durch die größtenteils durchschimmernde Fichtenholzmaserung der Malunterlage – bringt Lebendigkeit in die Bilder. Die sicheren, kräftig konturierten Außenlinien stehen hier im Kontrast zu den aquarellen Mitteln.

Die Bilder sind multiperspektivisch angelegt. Räume, Gegenstände und Personen wirken wie durch ein Fischaugen-Objektiv wahrgenommen und vermitteln hervorragend die etwas schräge und seltsame Weltwahrnehmung des Protagonisten. Seine Zuversicht, mit welcher er unbesorgt durch das Leben schlendert, wird ihm aber auch in seinem Bonbon-Kosmos entgegen gebracht: durch Augen oder angedeutete Gesichter erhalten Tiere und Gegenstände menschliche Züge und wirken fröhlich, freundlich und zufrieden.

„Ein Salzstreuer, drei Teller, fünf Knödel, sieben Geschichten. Herr Jemineh beginnt zu erzählen.“ Ein gemütliches Essen mit seiner Frau bildet die Rahmenhandlung für Herrn Jeminehs kuriose Abenteuergeschichten. Typographisch abgesetzt wird diese immer wieder in seinen sieben Erzählungen aufgegriffen: „Ein Messer. Zwei Hälften, kein Knödel mehr.“ So wird eine Symbiose der beiden Erzählebenen geschaffen und führt damit zu einer Parallelität der unterschiedlichen Zeitebenen. Auch die monosituativen Bilder erhalten durch gestrichelte Linien, die Bewegungen andeuten sollen, Dynamik und Lebendigkeit und verweisen auf Zukünftiges und Vergangenes. Innerhalb eines Bildes werden verschiedene Zeitebenen geschaffen, dadurch ergibt sich zugleich eine polyszenische Bildebene.

Herr Jemineh findet sein Glück in seiner großen Liebe, wir finden es – dank Selda Marlin Soganci – in jedem liebenswerten Detail ihrer vor Glück sprühenden Bonbon-Bilderwelt.

Bildprobe