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Child, Lauren:
Durch und durch Clarice Bean
Aus dem Englischen von Gabriele Haefs
Mit Illustrationen von Lauren Child
Hamburg: Carlsen 2004
192 S., € 12,-

Child, Lauren (Text und Illustration): Durch und durch Clarice Bean

Mit Grips, Charme und Kugelschreiber …

von Serpil Demircan (2005)

So ein „durch und durch “aufregendes Leben wie Ruby Redfort, Superheldin und Erzdetektivin, hätte Clarice Bean auch gern, zudem einen Chauffeur, Hauspersonal und eine Mutter, die nicht ständig kontrolliert, ob die Zähne geputzt sind. In Tagebuchform erzählt Clarice von ihrem „durch und durch“ stinknormalen Leben, in dem nicht viel passiert. Ganz anders geht es in der spannenden Detektivgeschichte „Ruby Redfort macht die Regeln“ zu, die Clarice momentan liest, sie selbst hingegen darf höchstens einmal „allein in den Laden um die Ecke gehen“. Clarice Bean ist eben ein normales Mädchen – mit einer chaotischen Familie. Dazu gehören ein arbeitsgestresster Vater, eine ständig meckernde Mutter und sehr viele Geschwister, so dass sich schon mal lange Wartezeiten vor dem Badezimmer ergeben. Und da ist noch die „durch und durch“ nervige Lehrerin Mrs Wilberton, die Clarice das Leben nicht gerade leichter macht.

Lauren Child schafft mit Clarice Bean eine außergewöhnliche Mädchenfigur, die mit ihrer selbstironischen Art besonders sympathisch wirkt. Denn sie ist weder Superheldin noch Musterschülerin, dafür tritt sie des Öfteren in das eine oder andere Fettnäpfchen. Erst als der Pokal des Buchwettbewerbs verschwindet, kann sie zeigen, was sie drauf hat. Denn eine gute Detektivin braucht nichts anderes als „Grips und einen Kugelschreiber und ein Zettelchen“. Vor allem kann sie beweisen, dass sie etwas von ihrer Lieblingsheldin lernen kann, auch wenn die besserwisserische Mrs Wilberton die „Gesammelten Werke der Ruby Redfort“ für „Schund“ hält. Schließlich gehören sie nicht zur „zeitgenössischen Literatur“.

Außergewöhnlich an diesem Buch ist vor allem das Layout, insbesondere das originell-chaotische Schriftbild fällt auf: Die Sätze winden sich in wilden Schlangenlinien über die Seiten und dicke und dünne Buchstaben wechseln sich ab. Das typografische Spiel spiegelt das Geschehen und die Gefühlslage der Protagonistin wider. Daher stehen die Sätze manchmal auf dem Kopf, so wie das Leben der Clarice Bean letztlich auch. Trotz knallbuntem Cover erwarten den Leser innen nur graue Illustrationen. Die Figuren erinnern an Cartoons, die grauen und ausdrucklosen Gesichter entsprechen dem öden Alltag von Clarice. Der aus den Bilderbüchern der Autorin bekannte Collagenstil aus Zeichnungen und Fotos kommt auch in ihrem ersten Kinderbuch zum Einsatz.

Nicht nur der humorvolle und sarkastische Blick der Heldin auf die Erwachsenenwelt ist in „Durch und durch Clarice Bean“ besonders unterhaltsam, sondern ebenso ist es das gelungene Spiel mit der Trivialliteratur. Entspricht die Erzählweise der Abenteuer der Ruby Redfort, einer Geschichte in der Geschichte, noch ganz den traditionellen Mustern der ‚Schundliteratur’, so wird in der Handlung rund um Clarice Bean mit eben diesen literarischen Klischees gespielt und der Ausgang der Geschichte sogar ins Gegenteilige verkehrt: Denn in dem Falle des verschwundenen Pokals ist ein spektakuläres Ende wie bei Ruby Redfort nicht zu erwarten. Es stellt sich lediglich heraus, dass Mrs Wilberton nicht nur „durch und durch“ nervig, sondern auch schusselig ist.

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