Alles ist wie immer. Alles ist anders.
Von Felicia Kukry, Carina Mai, Annika Maida, Vanessa Moch und Melina Nitsche (2021)
Nicht nur Vingas äußeres Leben verändert sich. Auch in ihr selbst hat sich etwas getan. Ihre Eltern sind getrennt, ein neuer Bruder ist auf dem Weg und ihre Mutter zerfließt in Tränen. Und Vinga? Sie träumt vom Wind, mit dem sie weit fortsegeln kann. Hinaus mit ihrem Boot, ganz alleine auf das stürmische Meer. Hauptsache ohne nervige Mütter und viel zu glückliche Väter. Sie möchte nicht mehr dorthin, wo Herzen verrutschen, sondern dahin, wo Opa, ihr bester Freund und Ruhepol, Seemannslieder pfeift. Doch auch Opas Insel hat sich verändert, denn jetzt ist dort noch ein anderes Mädchen, mit anderen Wünschen, einem anderen Leben – und doch ziehen sich Rut und Vinga gegenseitig an…
Oskar Kroon gelingt es in seinem Übergangsroman Warten auf Wind, die Leser*innen vollständig in den Bann zu ziehen. Durch die inneren Monologe Vingas, die sich durch den Roman ziehen, werden die Leser*innen in ihre Gefühlswelt entführt. Dabei werden gleich mehrere komplexe Themen angesprochen wie die Scheidung der Eltern, der Kuss mit einem Mädchen und schließlich auch noch der Tod. Doch anstatt die Probleme die erzählte Welt dominieren zu lassen, finden sich die Figuren und mit ihnen die Leser*innen aufgefangen in einem sinnhaften, humanistisch aufgeladenen großen Ganzen. Getragen wird die Geschichte von einem unaufgeregten, souveränen Erzählstil, der zuweilen an das Wogen des Meeres erinnert. Diese Metaphorik des Windes und der Wellen trägt die Leser*innen durch den gesamten Roman, der kein unrealistisch harmonisierendes Ende sucht. Warten auf Wind wird so zu einer leichten Sommerlektüre mit gehörigem Tiefgang.
Bibliographische Angaben:
Kroon, Oskar
Warten auf Wind
Ravensburg: Hummelburg Verlag 2019
256 Seiten
Kinder- und Jugendroman ab 9 Jahren
Leseprobe:
Doch hier draußen ist es ruhig. Als wäre die Insel in ein Marmeladenglas eingeschlossen. Hört man Radio, wird man ständig daran erinnert, dass es noch eine Welt außerhalb gibt. Eine Welt, in der Wälder brennen. In der schwangere Bäuche größer werden und einsame Mamas ihren Kleiderschrank ausmisten. In der Papas seelenruhig ihre Tomaten gießen. Blinzelt man Richtung Horizont, kann man hoffen – oder nicht hoffen - , dass es dahinter noch etwas anderes gibt. Aber genau hier, genau jetzt ist alles gut, wie es ist. Hier gibt’s nur mich und die Schnigge und die Sonne und die Wellen und Opa und die Vögel und die Steine, die vom Meer weggetragen werden. Und dann, plötzlich, sie. (Seite 40)