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Titelbild
Christine Heppermann
Frag mich, wie es für mich war
Aus dem Amerikanischen von Kanut Kirches
Weinheim: Beltz & Gelberg 2018
2016: Ask Me How I Got Here
232 Seiten
13,95 € / E-Book 11,99 €
Einordnung ab 14 Jahren

Heppermann, Christine: Frag mich, wie es für mich war

Denn jede Erfahrung macht uns zu dem, wer wir sind

von Valeria Rapp, Sabrina Rieder und Chantal Jasmin Schmischke (2018)

„Nick musste mir versprechen, es niemandem zu sagen, damit die Leute, wenn sie mich ansehen, mich als Ganzes sehen.“

In ihrem Roman „Frag mich, wie es für mich war“ erzählt Christine Heppermann die Geschichte von Addie, deren Entscheidung zu einer Abtreibung ihre vorherige Sichtweise auf alles verändert: Sie verlässt das Laufteam, beendet die Beziehung mit ihrem Freund Nick, legt alle aufoktroyierten Kategorien ab und wird zu jemandem, der selbstbestimmt lebt.

Dabei schreibt Heppermann in kurzen, prägnanten Sätzen, erzählt verdichtet, wodurch die Gedanken der jungen Schülerin nüchterner und dadurch umso eindringlicher dargelegt werden. Die in rhythmischer Prosa verfasste Erzählung wird durch Addies Tagebucheinträge unterbrochen, in denen sie sich mitunter im Zwiegespräch mit der Heiligen Maria und Schutzpatronin ihrer Schule auseinandersetzt, Gedichte schreibt oder ihre Gedanken sortiert. Teils provokativ und sarkastisch, aber durchaus verständlich führt Heppermann damit in die Gedanken eines jungen Menschen ein, der nach einer großen Entscheidung jemand anders wird und gleichzeitig zu sich selbst findet.

Heppermann arbeitet mit starken Bildern: Nicht nur das Bild der Abtreibung als provokative Metapher der Befreiung zeichnet den Roman aus. Er beginnt mit der Darlegung des Settings, das mit vielen Motiven spielt und sie im Verlauf bricht:

„Die Immaculate Heart Academy / ist nach der reinen Liebe Gottes benannt, / die durch Marias Herz fließt. / Aber hier ist der wirkliche Grund, / warum unser Schulwappen ein pulsierendes rotes Herz ist: / fünfhundert Mädchen in rot karierten Röcken.“

Immer wieder spielt die Darstellung von Maria eine große Rolle, welche repräsentativ als Doppelgestalt verwendet wird – als unerreichbares weibliches Ideal und gleichzeitlich als intime Vertraute. Durch Addies Zwiegespräche mit Maria wird deutlich, wie sehr das Intimste eines Mädchens politisch wird: Addie bereut ihre Entscheidung nicht, möchte aber auch nicht, dass andere von dieser erfahren. Denn besonders an einer katholischen Mädchenschule wird über ethische Themen diskutiert: „Unser Ethik-Lehrbuch behandelt / Abtreibung und Todesstrafe / in ein und demselben Kapitel.“

Jede Entscheidung, die wir treffen, macht uns zu der Person, die wir sind. Dass die Abtreibung und der Entschluss dazu im Roman nur eine untergeordnete Rolle spielen, zeichnet diesen aus und macht ihn zu einer lesenswerten Lektüre.