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Hadley, Lee/ Irwin, Ann:
Liebste Abby
Aus dem Amerikanischen von Fred Schmitz.
Weinheim u. a.: Beltz & Gelberg 1993.
148 S.

Hadley, Lee; Irwin, Ann: Liebste Abby

Danke, dass du keine Fragen gestellt hast

von Petra Scholl (1996)

„Ich weiß nicht, wie das bei Mädchen ist, ich jedenfalls, als ich den Schrank aufmachte, ich fand nichts zum Anziehen. Da hing all das Zeug, das ich in der Schule anhatte, aber das ging natürlich nicht, davon kannte Abby jedes Stück.“ Chip Martin, der Ich-Erzähler des Buches, möchte seiner großen Liebe Abby gefallen. Doch sie ist nicht wie andere Mädchen. Abby wirkt viel älter, manchmal so richtig erwachsen. Vieles an ihr ist Chip unverständlich: Einmal ist sie lieb und freundlich und im nächsten Moment von eisiger Kälte.

Mit der Erfindung von Mildred Fillmore schaffen sich Chip und Abby etwas ganz Besonderes, das nur ihnen beiden gehört. Was am Anfang nur ein Spiel ist, wird für das Mädchen mehr und mehr zu einer Möglichkeit, sich mit ihrer Situation auseinander zu setzen. Durch Mildred kann sie sich Chip mitteilen. Abby beginnt, sich aus ihren Zwängen zu befreien. Sie schreit nach Hilfe, und Chip ist für sie da. Gemeinsam mit Chips Mutter decken sie das Geheimnis auf, das Abby und ihren Vater umgibt.

In „Liebste Abby“ schildern die Autorinnen Hadley und Irwin Probleme, die Jugendliche mit der Pubertät und der ersten Liebe haben. Auf der Suche nach einem neuen, ‚erwachseneren’ Selbstbild durchlebt der zu Beginn des Buches 13jährige Chip typische ‚Orientierungsphasen’ eines Pubertierenden. Dazu gehören erste Kontakte mit Alkohol, die Boykottierung eines ‚ordentlichen’ Aussehens sowie die zeitweilige Ablehnung alles Weiblichen – außer Abby. Die Zuneigung zu ihr bleibt während der fünf Jahre, über die das Buch berichtet, unverändert bestehen. Durch geduldiges Abwarten und verständnisvolles Zuhören gelingt es Chip schließlich, den Grund für Abbys seltsames Benehmen zu erfahren. Auch die LeserInnen erfahren erst relativ spät, dass Abby von ihrem Vater sexuell missbraucht wird.

Hadley und Irwin greifen mit ihrer Geschichte ein brisantes Thema auf, das in den letzten Jahren zunehmend die Öffentlichkeit bewegt. Im Gegensatz zu vielen anderen Darstellungen wählen die Autorinnen für ihre Erzählung weder die Täter- noch die Opferperspektive, sondern die des außenstehenden Chip. Die Erzählatmosphäre ist weder anklagend noch moralisierend. Statt dessen ermöglicht die genaue, sensible Beobachtung Chips den LeserInnen, sich kritisch mit dem Thema auseinander zu setzen und sich ein eigenes Urteil zu bilden.

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