Waechter, Friedrich Karl (Text und Illustration): Wir können noch viel zusammen machen
„Wir können noch viel zusammen machen“
von Christoph Hobohm (1996)
Das Bilderbuch des bekannten Grafikers und Cartoonisten Friedrich Karl Waechter stammt noch aus den antiautoritären 70er Jahren, aber es hat in mehr als zwei Jahrzehnten nichts von seinem Witz, seiner Unmittelbarkeit und seiner Attraktivität für Kinder verloren: 1995 legte der Parabel- Verlag eine Nachauflage des 1973 zuerst erschienenen Titels vor. Seit 1991 gibt es ihn bei Middelhauve auch als Taschenbuch, für 1996 ist dort eine neue Auflage geplant.
Erzählt wird die Geschichte einer skurrilen Freundschaft zwischen so unterschiedlichen Partnern wie dem Fischkind Harald, dem kleinen Schwein Inge und Philip, dem Vogel. Sie alle langweilen sich fast zu Tode mit ihren pädagogisch-wohlmeinenden Eltern und sehnen sich nach gleichaltrigen Spielkameraden, mit denen sie auch mal Neues, Unbekanntes machen und Aufregendes erleben können.
Fisch-, Schwein- und Vogelkind, in ihren Fähigkeiten so verschieden wie die drei Elemente Wasser, Erde und Luft, finden schnell und unkompliziert zusammen. Als Philip nach dem Streit mit seinen Eltern zunächst erfolglos zu schwimmen versucht, bietet sich Harald an, es ihm zu zeigen. Inge, die beide von weitem beobachtet, eilt hinzu und wird zur „Kinderschwimmstunde“ eingeladen. Auf Inges Frage: „Helft ihr mir auch mal beim Fliegen?“ antwortet Philip: „Ich glaub, das schaffen wir noch nicht, Inge.“ Aber Zärtlichkeiten können die Drei austauschen, z. B. „Nase-Nase“, „Po-Po“ oder „Bauch-Bauch“ machen. Und auf dem letzten Blatt wird auch das Utopische möglich: Alle drei Tierkinder schweben in der Luft, nachdem sie zuvor das Schwimmen und das Laufen gemeinsam erprobt haben. Verschiedenheit – so wird hier deutlich –ist kein Hindernis für die Freundschaft, sondern vielmehr eine Herausforderung.
Freilich muss man dazu Phantasie, Neugier und Aktivität mitbringen. Deshalb ist dem Bilderbuch auch ein Bastel- und Ausschneidebogen beigegeben (den man übrigens auch nachbestellen kann), mit dem die Kinder weiterspielen und gestalten können, was die Freunde sonst noch alles zusammen machen: z. B. ein Haus bauen, Zuckererbsen und Spiegelei essen, aufs Klo gehen, schlafen, anderen Freunden begegnen ... Da wundern sich die Tiereltern am Schluss der Geschichte, dass ihre Kinder so „ausgeglichen“, so „nett“, so „fröhlich“ sind in letzter Zeit. „Ob das an ihren seltsamen Freunden liegt?“
Das Buch kommt mit wenig Text aus. Es beschränkt sich auf die Dialoge, wobei die Rede der jeweils sprechenden Tiere durch Bildsymbole leicht zu entschlüsseln ist. Vor allem aber die Bilder fordern zum Entdecken auf. Sie wirken so spritzig und leicht hingeworfen im karikaturistischen Federstrich, so witzig im Ausdruck der Figuren, dass sich Gesprächsanregungen wie von selbst ergeben.
F. K. Waechter, Jahrgang 1937, ist Erwachsenen vielleicht eher bekannt als Zeichner der Satirezeitschriften „pardon“ und „Titanic“. 1970 erschien sein „Anti-Struwwelpeter“, zunächst nicht als Kinderbuch geplant und von Anhängern der antiautoritären Bewegung als Gegenstück zum „Struwwelpeter“ geliebt. Waechter illustrierte auch Kinderbücher anderer Autoren, z. B. des Summerhill-Begründers A. S. Neill. Außerdem machte er Filme und schrieb Theaterstücke für Kinder. Für das vorliegende Buch erhielt der Autor 1975 den Deutschen Jugendliteraturpreis.