Lindemuth, Thomas (Text) und Patrick Lenz (Illustration): Karl und Kumpel … und viele Würste

Urlaub hat ein Ende, doch die Wurst hat zwei

von Dinah Selbach (2008)

Sonne satt und Erholung pur! Das ganze Jahr fiebern wir der Zeit entgegen, in der wir ins Auto steigen und dem fiesen Alltag die kalte Schulter zeigen. Ab in den Urlaub! Doch trotz rosaroter (Sonnen-)Brille lässt das Ergebnis ab und an zu wünschen übrig …

Endlich Ferien! Karl und sein Hund Kumpel machen sich mit einer Menge Würste und guter Laune im Gepäck auf den Weg in den Süden. Doch nicht nur sie sind unterwegs: Nach einem nervenaufreibenden Geschiebe im Stau treffen sie endlich im Urlaubsort ein. In Badehose schlendern Karl und Kumpel Richtung Meer und blicken auf einen mit Menschen überfüllten Strand. „‚WUFF’, macht Kumpel, das heißt: ‚Hier ist es mir zu eng.’“ Das geht Karl genau so. Wie Kumpel überhaupt seinem menschlichen Freund sehr ähnelt. Ob beide ihre Koffer auspacken, mit Sonnenbrillen zum Strand schlendern oder sich auf Handtüchern sonnen, der kleine Hund hat all die Utensilien in Miniaturformat, was ihn umso menschlicher erscheinen lässt. Abends sitzen die Zwei auf dem Balkon, um die lang ersehnte Ruhe zu genießen und schauen in den Himmel. Doch laute Partymusik stört sie dabei. „Rumba-wumba geht es, und immer wieder Rumba-wumba.“ Im Bild fliegen bunte Noten und Punkte durch die Luft, die bis zu Karls Ohren wirbeln. Farbige Sterne grinsen frech und einige von ihnen scheinen lauthals mitzugröhlen. „Da fasst Karl einen Entschluss: ‚Du Kumpel’, sagt er, ‚hör mal: Nächstes Jahr fahren wir zum Mond in die Ferien.’“ „‚WUFF’, macht Kumpel, das heißt: ‚Mir gefällt der Lärm auch nicht.’“

Der Leser begleitet den kleinen, dicklichen Eierkopf Karl, seinen braunen, schlappohrigen Freund Kumpel und eine große Box leckerer Würste nun auf dem Weg in einen ruhigen und erholsamen Urlaub auf den Mond. Vorher muss Karl eine geeignete Rakete bauen. Er macht sich in Büchern schlau, tüftelt an einer Idee, nagelt, sägt, montiert, schweißt … Und als Begleiter immer mit dabei: sein treuer Kumpel. In kleinen, ineinander fließenden Bildern kann man mitverfolgen, wie Karls Idee in die Tat umgesetzt wird. „Und dann ist sie endlich fertig: seine Mondrakete. Pünktlich zu den großen Ferien. ‚WUFF’, macht Kumpel, das heißt: ‚Damit schaffen wir es bis zum Mond.’“

Thomas Lindemuth erfreut uns mit einer witzigen Geschichte zweier ulkiger Gestalten, die auf der Suche nach einem erholsamen Urlaub sind. Den besonderen Reiz des Buches machen dabei die Bilder aus. Durch kleine oder ganze Doppelseiten ausfüllende Wimmelbilder kann man auf Entdeckungsreise gehen und die zwei Hauptpersonen (plus Würste) im Urlaubsgetümmel suchen. Die anderen Urlauber erscheinen sehr realistisch, denn wir beobachten in diesem Buch keine hübschen, dünnen, braun gebrannten Urlauber-Modelle, sondern ein ungeschöntes Bild von Durchschnittstouristen. Dicke und Dünne, Blasse, Braune und Glatzköpfe mit Brustbehaarung in nicht immer vorteilhaft wirkenden Bademoden geben der Situation eine komische Note. Die skizzenhaften und panelartigen Zeichnungen betonen die dynamischen Erlebnisse der zwei Urlauber. So startet ihre Rakete rasant über eine Doppelseite, macht einen Looping und steuert den fremden Urlaubsort an.

Und doch müssen Karl und Kumpel erkennen, dass selbst die weiteste Reise andere Urlauber nicht abschreckt, denn wo sich einer wohl fühlt, sind bald viele … So weicht die zuvor so angenehm ruhige Urlaubsatmosphäre – Karl und Kumpel liegen im Sonnenstuhl, geschützt von einem Sonnenschirm und ähneln ungemein den Würsten, die auf einem Tisch darauf warten, gegessen zu werden – einem bunten Urlaubergewimmel, in dem Sonnenschirme und Liegen eng beieinander stehen und Erwachsene und Kinder spielen, meckern, schwitzen und schwatzen. Mitten im Geschehen: ein unglücklich dreinschauender Karl und sein Hund. „‚WUFF’, macht Kumpel, das heißt: ‚Wären wir doch auf der Erde geblieben.’“

So gelingt Thomas Lindemuth und dem Illustrator Patrick Lenz ein lebendiges und witziges Bilderbuch, das mit Sicherheit Jung und Alt Freude bereitet und mit einem lustigen und unerwarteten Ende glänzt. Denn als Karl und Kumpel dem erneuten Urlaubsstress entfliehen wollen, ist der Tank der Rakete leer! Aber vielleicht gefällt es ihnen ja doch noch da oben. Vielleicht auch nicht … Ist doch Wurst! Wurst? Ach ja, die Würste sind ja auch noch da! Ob sie aus ihnen Benzin gewonnen haben? Oder hatten sie eine andere Idee? „‚WUFF’, macht Kumpel und Karl sagt: ‚Du hast Recht!’“.

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