[Sammelrezension „Ratgeber und Sachbücher gegen Gewalt in der Schule“] Erb, Helmut H.: Gewalt in der Schule / Schneider, Sylvia: Gewalt – Nicht an unserer Schule! / Mainberger, Bettina: Jede Menge Zoff
Rezepte gegen Gewalt?
von Christian Bittner (2002)
Wie Gewalt und Aggression entstehen, welche Möglichkeiten Schüler haben, gegen die alltägliche Gewalt vorzugehen, was für Gegenmaßnahmen es gibt – das sind Fragen, auf die man in verschiedenen Ratgebern Antworten finden kann. Deren Qualität könnte allerdings kaum unterschiedlicher sein.
Ausdrücklich gewarnt werden muss vor Helmut H. Erbs „Gewalt in der Schule“! In anbiederndem Sprachjargon gibt der Autor altbackene und überflüssige Ratschläge von sich: „Es ist voll logisch, dass man besser einen Bogen um Drogen macht.“ Die Entstehung von Aggression und Gewalt wird fast ausschließlich auf die biologische Komponente zurückgeführt. Geradezu fahrlässig sind einige Weisheiten auf Stammtischniveau: „Wer im Outfit einer Nutte durch die Straßen zieht, erreicht die ‚niederen Instinkte’ der Männer und muss auch eher mit unerwünschten sexuellen Reaktionen rechnen.“
Eine wesentlich gelungenere Darstellung gibt Sylvia Schneider in „Gewalt – Nicht an unserer Schule!“. Neben der Ursachenforschung zur Entstehung von Gewalt sind Konfliktvermeidung und -lösung sowie Anti-Gewalt-Strategien die Schwerpunkte des Buches. Es werden jeweils kurz verschiedene praxiserprobte Projekte wie die Streitschlichtung durch Schüler oder das Konstanzer Trainingsmodell vorgestellt. Die Autorin vermeidet allerdings Patentrezepte: „Viel hängt von der Eigeninitiative von euch Schülern, dem Klima der jeweiligen Schule [...] und der Mithilfe von Lehrern und Eltern ab.“
In die gleiche Richtung gehen auch die Hinweise in „Jede Menge Zoff“. Bettina Mainberger setzt bei der Bekämpfung von Aggression und Gewalt an Schulen vor allem auf die Verbesserung des Schulklimas insgesamt wie auch auf die Stärkung des Selbstbewusstseins jedes einzelnen Schülers. Als einzige der drei Autoren stützt sie ihre Forderungen durch Erkenntnisse bekannter Wissenschaftler wie beispielsweise des Kriminologen Christian Pfeiffer. Zudem kommen in ihrem Ratgeber auch die eigentlich Betroffenen, die Schüler, zu Wort. Die O-Töne der Jugendlichen lockern die einzelnen Kapitel ebenso auf wie eine Reihe von Fotos, die nachgestellte Szenen zeigen.
Ein so komplexes Thema wie Gewalt in der Schule lässt sich natürlich nicht allein durch Lektüre von Büchern in den Griff bekommen. Dennoch sind zumindest „Gewalt – Nicht an unserer Schule“ und vor allem „Jede Menge Zoff“ dazu geeignet, in die Problematik einzuführen und Denkanstöße zu geben.