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  • Titelbild Großansicht:
    Kellner, Ingrid/ Jörg, Sabine:
    Der Ernst des Lebens
    Stuttgart u. a.: Thienemann 1993.
    32 S., € 12,-.

    Auch:
    Der Ernst des Lebens
    Mini-Ausgabe für jede Schultüte
    Stuttgart u. a.: Thienemann 1996
    32 S., € 4,90
  • Titelbild Großansicht:
    Nöstlinger, Christine:
    Mini muss in die Schule
    Mit Illustrationen von Christiane Nöstlinger
    Wien: Dachs 2002
    (Erstauflage 1992)
    64 S., € 9,90

    Auch als TB:
    München: dtv 1998
    (dtv junior Lesebär 75051)
    64 S., € 5,50

[Sammelrezension „Mini gegen den Ernst des Lebens“] Kellner, Ingrid/ Jörg, Sabine: Der Ernst des Lebens / Nöstlinger, Christine: Mini muss in die Schule

Mini gegen den Ernst des Lebens

von Michael Jung (2002)

Dass „der Ernst des Lebens“ ein netter Blondschopf mit guten Manieren sein würde, hätte sich Annette nicht träumen lassen. Zu oft hatten die Erwachsenen sie gewarnt: „Warte mal ab, bis du sechs bist und in die Schule kommst. Dann beginnt der Ernst des Lebens.“ Und tatsächlich! Am ersten Schultag sitzt er neben ihr: ein Junge namens Ernst, der prompt Annettes Freund wird.

Am Beginn der Erzählung stehen Annettes bange Erwartungen an die Schule. Furchteinflößende Kreaturen beherrschen ihre Fantasie und erwachen in melancholisch-düsteren Wachsmalbildern zum Leben – zum Teil dargestellt im herkömmlichen Stil der Lesefibel. Die Realität sieht dann zum Glück viel freundlicher und bunter aus, sodass Annette letztlich keck und selbstbewusst beschließt, „sich von den Großen nie mehr angst machen zu lassen“.

Sabine Jörg und Ingrid Kellner versuchen der Vorstellung vom „Ernst des Lebens“ eine sympathische Gestalt zu geben und die Kinder auf humorvolle Weise von ihren Ängsten zu entlasten. Die Komik im Wortspiel mit der Floskel der Erwachsenen lässt jedoch eher die ‚Großen’ schmunzeln. Das mulmige Gefühl im Bauch der Kinder muss wohl doch der erwachsene Vermittler vertreiben, der nach dem gemeinsamen Lesen auf die Sorgen der Kinder eingeht.

Auch in den Gedanken von Christine Nöstlingers Hauptfigur Mini geistern beklommene Vorstellungen von der Schule umher. Ihre zukünftigen Lehrerinnen müssen furchtbar sein, bei allem, was ihr Bruder von ihnen erzählt. Und als ob das nicht schon genug Sorgen machte, spukt in Minis Kopf die Angst, wegen ihrer „Überlänge“ ausgelacht zu werden. Doch in Nöstlingers Erstlesereihe werden Probleme stets mit Witz und der Zuversicht eines Kindes gelöst: So fällt die Entscheidung über die richtige Schule per Los, eine verschüttete Tasse Kakao am Tag der Einschulung bewahrt Mini vor Omas maßgeschneidertem Rüschenkleid und der erste Schultag bringt den Beginn der Freundschaft mit Maxi! Die ist nur halb so groß wie Mini, aber die größte Hilfe, um Selbstzweifel zu besiegen.

Christiane Nöstlingers frech-witzige Karikaturen pointieren die turbulente Erzählung ihrer Mutter, die durch gewohnte sprachliche Frische und einen kindlich-unbefangenen Stil überzeugt. Gerade Schulanfänger können hier erleben, dass in der Schule nicht nur der Ernst des Lebens wartet.

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