Hohler, Franz (Text) und Rotraut Susanne Berner (Illustration): Wenn ich mir etwas wünschen könnte
Wünsch dir was!
von Daniela Fohrer (2002)
Die kleine Barbara hat wirklich großes Pech. Alles, was in der Schule wichtig ist, kann sie nicht gut. „Sie konnte nicht gut rechnen, sie konnte nicht gut lesen, sie konnte nicht gut schreiben. [...] Im Turnen war sie langsam, jedes Haus, das sie zeichnete, war schief, und jeder Ton, den sie sang, war falsch.“ Aber was Barbara am meisten fehlt, sind Freunde.
„Und plötzlich hatte die kleine Barbara großes Glück.“ Eine Fee besucht sie nachts in ihrem Zimmer und möchte ihr einen Wunsch erfüllen. Aber was wünscht sich Barbara? Ihr fallen nur die schönen, blauen Schuhe ein, die sie nachmittags beim Einkaufen nicht bekommen hat. Am nächsten Tag ärgert sie sich fürchterlich, „wie dumm es gewesen war, sich nur blaue Schuhe zu wünschen, wenn schon einmal eine Fee zu Besuch kam“. Auch als die Fee ein zweites und drittes Mal erscheint, denkt Barbara nur an den roten Kugelschreiber und den Papagei, den sie „heute in einem Schaufenster gesehen hatte“. Aber so falsch sind ihre Wünsche am Ende gar nicht! Denn mit den neuen, blauen Schuhen an den Füßen läuft Barbara plötzlich schneller als je zuvor und Erich, der schnellste Läufer der Schule, ist begeistert. Auch Kugelschreiber und Papagei verhelfen Barbara überraschenderweise zur Erfüllung ihrer eigentlichen Wünsche.
Der renommierte Schweizer Kabarettist und Autor Franz Hohler greift ein bekanntes Märchenmotiv auf und erzählt in bewährtem Dreischritt von Barbara und ihren unvermutet einschlägigen Wünschen. Der Esprit der Geschichte wird von der mehrfach ausgezeichneten Illustratorin Rotraut Susanne Berner gekonnt ins Bild gesetzt. Was auf den ersten Blick aussieht wie eine fröhlich-frische Fibelillustration, entpuppt sich als erstaunlich vielschichtig: Sehgewohnheiten werden aufgebrochen, ironische Bildkommentare gegeben und psychische Prozesse sichtbar gemacht. So spiegelt sich Barbaras wachsendes Selbstvertrauen in den Bildern wider: Macht sie sich zunächst noch mit gesenktem Kopf und gebeugter Haltung auf den Schulweg, geht sie am Ende fröhlich lächelnd und mit großen Schritten ihrer Wege. In Stationenbildern stellt Berner schrittweise die Entwicklung einzelner Geschehnisse dar, etwa wenn sich Barbaras Nachttischlampe Bild für Bild in eine Fee verwandelt. Erlebnisse in der Schule werden häufig als kleine Teilbilder in einem großen festgehalten. Auch Berners Liebe zum Detail wird deutlich: Die Fee, dargestellt als Libelle mit schillernden Regenbogenflügeln und Brille, taucht in beinahe jedem Bild wieder auf.
Die Künstlerin gibt ihren Figuren klare Konturen und schafft mit kräftigen Acrylfarben sowie Schraffuren aus Buntstift und Wachsmalkreide einen freundlichen und lebendigen Grundton. Diese fantastische Erzählung wird Erwachsenen beim Vorlesen ebenso viel Spaß machen wie den Kindern.