Ende, Michael (Text) und Kathrin Treuber (Illustration): Die Zauberschule im Wünschelreich
Zaubern will gelernt sein!
von Ulrike Grychta (2002)
Wer erhofft sich das nicht manchmal? Einen Wunsch zu äußern und ihn – schwuppdiwupp – sofort erfüllt zu bekommen! Doch so einfach gelingt das auch im Wünschelreich nicht, denn hier gehen nur die wahren Wünsche in Erfüllung. Und um diese verwirklichen zu können, muss man erst seine eigene Geschichte kennen. Das weiß uns der Ich-Erzähler, in dem man leicht Michael Ende erkennen kann, von seiner Reise ins Wünschelreich zu berichten. Bei seinem Aufenthalt in jenem sagenumwobenen Land, das „übrigens gar nicht so schrecklich weit von unserer Alltagswelt entfernt“ liegt, freundet er sich mit den Zwillingen Mug und Mali an und erlebt mit ihnen Rosamarino Silbers Unterricht in der Zauberschule. Diese Schule dürfen nur Kinder besuchen, die über eine außergewöhnlich starke „Wunschkraft“ verfügen.
In verschiedenen Lektionen lernen sie, wie man Sachen schweben lässt, etwas herbei- und natürlich auch wieder zurück an seinen Platz wünscht, denn „nur Nichtskönner und unehrliche Leute [...] nehmen, was sie nicht wirklich brauchen, und bringen die Welt in Unordnung“. Bei den Experimenten ist immer volle Konzentration erforderlich. Andernfalls stören versteckte Wünsche die Aktion: Einem hungrigen Zauberschüler kann es leicht passieren, dass er anstelle von Sandalen plötzlich Pausenbrote unter den Fußsohlen hat.
Aus der Ich-Perspektive, jedoch überwiegend in der Rolle des Beobachters, entwirft Michael Ende in klarer, einfacher Sprache eine Schulwelt, in die Leserinnen und Leser leicht eintauchen können. Kathrin Treuber hat einzelne Szenen in farbenfrohen Zeichnungen festgehalten.
Michael Ende ist dafür bekannt, zur kritischen Nachdenklichkeit anzuregen. So überrascht es nicht, dass er auch dem erwachsenen (Vor-)Leser in dieser Erzählung einen Denkanstoß bietet: „Aber draußen in der Alltagswelt erleben die meisten Menschen niemals ihre eigene Geschichte. Sie legen auch gar keinen Wert darauf. Was sie tun und was ihnen widerfährt, das könnte ebenso gut irgendein anderer tun oder einem anderen widerfahren. [...] und deswegen kommen sie niemals dazu, ihre wahren Wünsche zu entdecken. Die meisten Leute meinen nur, sie wüssten, was sie sich wünschen.“
Ganz anders als später J. K. Rowling in ihren Harry Potter-Bänden kommt Michael Ende ohne Mystik und spannungsreiche Abenteuer aus. Er betont stattdessen eher den philosophischen Aspekt von Wunsch erfüllender Zauberei.
Leseprobe
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Diese Erzählung findet man ebenfalls noch in der folgenden Geschichtensammlung:
Ende, Michael:
Die Zauberschule und andere Geschichten
Mit Illustrationen von Bernhard Oberdieck
Stuttgart u. a.: Thienemann 1994
256 S., € 17,-