Landström, Olof (Text und Illustration): Blaubeerland
Beerenstark
von Sabine Elias (2000)
Wer erinnert sich nicht an „Hänschen im Blaubeerenwald“, den Klassiker der schwedischen Bilder- und Kinderbuchautorin Elsa Beskow? Seit dem vergangenen Jahr haben wir das Vergnügen, mit dem Titel „Blaubeerland“ (1967!) von Olof Landström abermals einzutauchen in schwedische Sommeridylle.
„Ich will ein bisschen erzählen, wie das Sommerhaus aussieht, weil die Geschichte davon handeln soll, was wir im Sommer machen.“ „Wir“ sind außer dem neunjährigen Botvid seine elf Geschwister, die Eltern und die etwa 100-jährige, lebenslustige Urgroßmutter Lovisa. Auf nur 120 Seiten werden in kurzen Kapiteln kleine Episoden aus dem „Blaubeerland“ mit seinen Trollen und Waldgeistern geschildert. Die Übergänge von Realität zu Fantasie sind fließend, die Kreativität ist grenzenlos: Die Kinder werden zu Höhlenforschern oder kämpfen im Dschungel als Tarzan und „Tarzansson“. An Regentagen zieht man sich gemütlich zum Kartenspielen und Geschichtenerzählen auf den Speicher zurück oder blättert in der Sofaecke „in fünf Jahre alten Zeitschriften“. Die Erwachsenen stören kaum, sie erlauben Selbstständigkeit und Freiheit. Und wenn Mama einmal nicht malt und Papa nicht auf seiner Schreibmaschine schreibt, werden die Eltern sogar selbst auf dem Viktoriasee zu Sklaven auf einer Galeere.
Die Freizeit der Sommerferien und der Freiraum des „Blaubeerlands“ ermöglichen emotionale und soziale Erfahrungen. Der Autor geht bemerkenswert differenziert mit Gefühlen um und macht den Protagonisten zu einer idealen Identifikationsfigur: „Ich habe riesige Angst vor Kühen. Wenn eine Kuh muht und mich böse anguckt, krieg ich tatsächlich weiche Knie.“ Manchmal schmunzelt man über Botvids Selbsteinschätzung und an vielen Stellen besticht seine entwaffnende Ehrlichkeit: „Die anderen sagen, ich bin zu bequem. Das ist wahr.“
Der Schwede Landström – studierter Grafikdesigner und Künstler, in Deutschland u. a. durch seine „Nisse“-Bände bekannt – hat das Buch selbst illustriert. Die witzigen, dynamischen Schwarzweißzeichnungen ergänzen und erweitern den Text, indem sie ihrerseits das Wechselspiel zwischen Realität und Fantasie aufgreifen. Auf fast jeder Doppelseite finden sich meist kleine vignettenartige Illustrationen, als Frontispiz dient eine von Botvid gezeichnete Übersicht vom „Blaubeerland“. In Text und Bild wurde gleichermaßen sorgfältig mit den Übersetzungen verfahren und typisch Schwedisches bewahrt. So wirken Botvids „Sommererinnerungen“ so vollkommen zeitlos, authentisch und anregend, dass Kinder und Erwachsene wohl gar nicht umhin kommen, die nächsten Ferien im „Blaubeerland“ zu verbringen.