Leseprobe „Lise, Atomphysikerin“
Lise Meitner ist genauso Hahns Mitarbeiterin, wie er ihr Mitarbeiter ist. Doch von Anfang an erscheint sie nach außen hin und in der Öffentlichkeit mehr „seine“ Mitarbeiterin zu sein. Nach den ersten wissenschaftlichen Erfolgen, die die Holzwerkstatt verbuchen kann, fördert Fischer [damaliger Leiter des Chemischen Instituts der Berliner Universität] die zwei jungen Wissenschaftler, so gut er kann. Die Arbeitsgruppe erhält einen zweiten Raum neben der Holzwerkstatt, den sie speziell für chemische Experimente nutzen. Fischer steht der Disziplin Radiochemie nicht mehr so skeptische gegenüber, und er akzeptiert auch das neumodische Gesetz, das endlich die Zulassung von Frauen an die preußischen Universitäten regelt – eineinhalb Jahre nach Lise Meitners Ankunft in Berlin. Fischer lässt eine Damentoilette einrichten, und die Physikerin darf fortan die Räume der Studenten betreten. Wenn sie mit Otto Hahn umhergeht, bringen die Studenten jedoch nur ein demonstratives „Guten Tag, Herr Hahn“ über die Lippen.
(S. 31 f.)