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Titelbild
Fülscher, Susanne:
Schöne Mädchen fallen nicht vom Himmel
Freiburg u. a.: Kerle 1997.
204 S.

Weitere Bücher zum Thema:

Johnson, Pete:
Am liebsten berühmt!
Aus dem Englischen von Werner Färber.
Ravensburg: Ravensburger 1996.
(RTB 4129)
192 S.

In dem Buch geht es um die Auseinandersetzung mit TV-Stars. Da es sich um eine Übersetzung aus dem Englischen handelt, nimmt es ausschließlich Bezug auf englische TV-Shows, die dem Leser eher unbekannt sein dürften, jedoch Pendants im deutschen Fernsehen haben.

Walbrecker, Dirk:
Ich bin Nana ... und wer bist du?
Eine Liebesfilmgeschichte.
Reinbek: Rowohlt 1993.
(rororo rotfuchs)
126 S.

Walbrecker schildert die Probleme der 16-jährigen Nana, die sich in ihren Filmpartner verliebt und bald kaum noch zwischen der Liebesgeschichte im Film und der Realität unterscheiden kann.

Fülscher, Susanne: Schöne Mädchen fallen nicht vom Himmel

„He, Karen, du bist ein Star!“

von Cordula Peters und Claudia Rathmann (1997)

„Ich wollte mich gerade auf mein Fahrrad schwingen, da kam eine Frau mittleren Alters auf mich zugeschossen und hielt mich am Arm fest. Ich dachte erst, ich hätte irgendeine Verkehrsregel missachtet, einen Rentner angerempelt oder so, aber da fragte sie mich, ob sie ein Polaroid von mir machen dürfe.“

Dass diese Frau ‚Model-Scout’ sein könnte, hätte die 17-jährige Karen nicht gedacht. Irritiert und unsicher stimmt sie den Aufnahmen zu, ohne zu ahnen, was sich daraus ergeben wird. Schon am nächsten Tag meldet sich die Agentur und lädt sie zu weiteren Probeaufnahmen ein. Karen kann es nicht fassen, dass gerade sie, so „dürr und bleich“, mit „Minibrüsten“ und „Haaren voller Spliss“, zum Model geeignet sein soll. Doch sie erfährt, dass die Agentur mit ihr einen neuen ,Typ’ aufbauen möchte. Ihr knabenhaftes Äußeres scheint dafür ideal. Es soll sogar durch einen Kurzhaarschnitt und das Färben der Haare noch mehr betont werden. Dieser Typ, prophezeien ihr die Mitarbeiter der Agentur, sei „ganz stark im Kommen“. Karen ist hin- und hergerissen: „War es nicht ziemlich idiotisch, sich ein neues Outfit aufs Auge drücken zu lassen, nur weil irgendjemand sich das so ausgedacht hatte?“ Doch die Neugier und der Wunsch nach Erfolg und Berühmtheit sind größer als ihre Bedenken. Sie stimmt den Plänen der Agentur zu, und eine rasante Karriere beginnt.

Zeitgleich verändert sich auch Karens Privatleben. Am selben Tag, an dem die ersten Polaroids von ihr gemacht werden, lernt sie im Schwimmbad Robin kennen. Sie verliebt sich „Knall auf Fall“. Robin hält Karens Modeltätigkeit nicht für eine ernst zu nehmende Arbeit. Er selbst will Schauspieler werden, ist in seinen Bemühungen jedoch nicht besonders erfolgreich.

Karen hingegen weiß sich bald vor Aufträgen nicht mehr zu retten. Überall scheint der neue Typ in der Modelbranche gefragt. Für die Schule, ihre Eltern und für Robin bleibt kaum noch Zeit. Stattdessen ständig wechselnde Hotels – in München, Paris, Mailand –, Visagisten, Probeaufnahmen – und immer wieder die Agentur. Mit ihr muss Karen jeden Schritt genau absprechen, bei ihr hat sie sich täglich zu melden, von ihr erfährt sie, ob Termine angenommen oder abgesagt werden.

Trotz ihrer Erfolge fühlt sie sich immer öfter einsam und fremdbestimmt. „Dies war kein neues Leben, nur ein anderes Leben, zwar aufregend und ungewohnt, aber auch grausam und einsam!“ Dennoch schafft sie es zunächst nicht, sich von diesem anderen Leben zu lösen. Zu sehr hat sie sich schon an den Erfolg als Star gewöhnt und die Strapazen sowie die ständige Bevormundung durch ihre Arbeitgeber akzeptiert. Erst als die Agentur ihr eine Schönheitsoperation vorschlägt, um ihre Chancen auf dem Modelmarkt noch weiter zu verbessern, sagt Karen nein: „Ich kochte vor Wut, dachte, vielleicht hast du schon viel zu viel mit dir machen lassen. Haare ab und rot und blond, sie hatten mir einen bestimmten Typ eingeredet, und wer ich wirklich war, hatte ich darüber vergessen.“

Karen steigt aus dem Modelgeschäft aus. Ihre eigene Identität ist ihr wichtiger, als nach den Vorstellungen anderer ein Star zu sein. Der Gang zum Friseur besiegelt ihre Entscheidung: „Umfärben. Straßenköterbraun. Und ich lasse meine Haare wachsen [...] Eine Stunde später ging ich als neue alte Karen nach Hause. Ich fand, es sah gut aus, wenn auch nicht gerade spektakulär.“

Einem bestimmten Schönheitsideal zu entsprechen oder einen speziellen Typ darzustellen, das sind Aspekte, die vor allem Mädchen in der Pubertät bei ihrer Identitätssuche wichtig sind. Fotomodelle, die Repräsentanten dieser Schönheitsideale, erscheinen den Jugendlichen oft perfekt. In diesem Buch vermittelt die Autorin ein anderes Bild. Die schönen Models werden hier als Produkte ihrer Agenturen dargestellt: Sie können nur zu Stars werden, wenn sie ihre eigene Identität aufgeben. Es sind Typen ohne eigene Persönlichkeit, die morgen schon von einem neuen Schönheitsideal abgelöst werden können. Diese Einsicht gewinnen die Lesenden, ohne dass die Autorin den moralischen Zeigefinger erhebt, was nicht zuletzt auch der Perspektive dieses Buches zu verdanken ist: Die Hauptperson erzählt rückblickend ihre persönlichen Erlebnisse als Model. Dabei setzt sie sich nicht nur mit der Branche, sondern auch mit ihrem eigenen Verhalten kritisch auseinander. Ihr zwiespältiges Verhältnis zu dem Leben als Star kommt insbesondere in ihren Gefühlen und Gedanken zum Ausdruck, die große Teile des Buches ausmachen.

„Schöne Mädchen fallen nicht vom Himmel“ ist ein Buch, das sich leicht lesen lässt. Auch wenn die geschilderten Begebenheiten mitunter etwas schablonenhaft wirken und der Ausgang des Buches für den geübten Leser schon bald absehbar ist, bietet der Roman den Jugendlichen einen spannenden Blick auf die Wirklichkeit. Seine Sprache lehnt sich in weiten Teilen an den Jugendjargon an und verbindet diesen mit spezifischem Vokabular aus der Modelbranche, das sowohl im laufenden Text als auch im Glossar am Ende des Buches erläutert wird.

An einigen Stellen verführen klischierte Handlungsmomente sowie Sprachfloskeln die Autorin zu einer doch schematischen Schreibweise. Insgesamt aber liegt hier eine ansprechende Bearbeitung des Themas ,Stars’ vor, die vor allem für Mädchen interessant sein dürfte.

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