Härtel, Susanne; Köster, Magdalena (Hrsg.): Die Reisen der Frauen
Reisende in Röcken
von Birthe Blinne und Silke Wagner (1997)
„Lebensgeschichten von Frauen aus drei Jahrhunderten“ lautet der Untertitel des vorliegenden Werkes mit zehn Biografien, die von Journalistinnen bzw. Wissenschaftlerinnen verfasst wurden. In dem Sachbuch für Jugendliche geht es um „Frauen aus verschiedenen Ländern, mit unterschiedlichen Charakteren und Motiven, Töchter aus ,gutem Haus’ ebenso wie solche, die mittellos und ohne Empfehlungen reisten, die sich je nach Möglichkeit zu Fuß, auf dem Pferd, mit dem Schlitten oder der Sänfte auf den Weg in die entlegensten Gebiete der Welt machten“.
Sie haben ganz unterschiedliche Reisemotive. Lady Montagu z. B. verzichtet auf ein sorgloses Leben in London, um ihren Mann nach Konstantinopel zu begleiten. Kate Marsden verlässt England, um in Russland eine Krankenstation aufzubauen.
Besonders gelungen ist die von Hiltgund Jehle verfasste Lebensgeschichte Ida Pfeiffers (1797-1858), die 1856 als erste Frau die Ehrenmitgliedschaft der „Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin“ erhielt. Aufgewachsen in einem strengen, großbürgerlichen Wiener Haus, bricht sie im Alter von 44 Jahren aus einer unglücklichen Ehe aus, um sich ihren Traum zu verwirklichen: Reisen. Die erste Reise führt sie nach Palästina. Ihr Tagebuch „Reise einer Wienerin in das heilige Land“, zunächst anonym veröffentlicht, wird ein großer Erfolg.
Ihre nächste Reise geht nach Island, wo sie naturkundliche Forschungen betreibt. Hier lernt sie Sammeln und Präparieren – Fertigkeiten, die sie mit Gewinn auf ihrer ersten, zweieinhalb Jahre dauernden Weltreise anwendet. Der hoch geschätzte vierbändige Bericht, „Meine zweite Weltreise“, bringt ihr weitere Ehrenmitgliedschaften in wissenschaftlichen Gesellschaften ein. Auslöser für ihre Reisen ist aber nicht der Wunsch nach Anerkennung, sondern der Drang, immer wieder Neues zu sehen. Ihr letztes Unternehmen führt sie nach Madagaskar. Aufgrund einer Krankheit muss sie die Reise jedoch vorzeitig abbrechen. Kurz darauf stirbt sie in Wien.
In die qualitativ sehr unterschiedlichen, mit Fotos ausgestatteten Biografien werden Reiseberichte und Briefe der Frauen, obwohl z. T. umfangreich vorhanden, leider nur begrenzt einbezogen. Einigen Autorinnen gelingt es jedoch, die Faszination der reisenden Frauen für fremde Kulturen zum Ausdruck zu bringen und ihr Anliegen lebendig werden zu lassen: mit Mut die eigenen Träume zu verwirklichen.