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McGraw, Eloise:
Saaski aus dem Moor
Aus dem Englischen von Klaus Weimann
Weinheim: Beltz & Gelberg 2002
(Gulliver TB 494)
(Erstauflage 1999)
264 S., € 7,90

McGraw, Eloise: Saaski aus dem Moor

Zwischen den Welten

von Olga Friesen (2004)

Als sie noch eine vom Moorvolk war, hieß sie Moql´nkkn. Bis sie sich eines Tages im Angesicht eines Menschen nicht „wegblinzeln“ kann. Der Grund – Moql ist ein Mischling. Ihre Mutter ist zwar eine vom Volk, der Vater aber ein Fischer von „Draußen“. „Halbe Menschen kommen nicht klar bei uns. Nein, niemals“, entscheidet der Elfenfürst und lässt Moql gegen ein Menschenkind austauschen.

So wacht sie schreiend in einem Kinderbettchen auf: als Saaski, die Tochter des Schmieds, im kleinen Dorf Torksaal. Nach einigem Widerstreben vergräbt Moql ihre Erinnerungen tief im Inneren und beginnt das Leben eines Menschenkindes.

Saaski wächst heran, „von einem hässlichen Kleinkind zu einem seltsam, fremdartig aussehenden kleinen Mädchen“, von ihren Eltern geliebt und offen von den Dorfbewohnern angefeindet. Diese geben ihr die Schuld an allen Unglücksfällen im Dorf. Die Kinder nennen sie nur „Fremdling“ oder „Wechselbalg“ und lassen keine Gelegenheit aus, ihr zu schaden. Denn Saaski sieht für sie nicht nur „gespensterlich“ aus, sie benimmt sich auch so gar nicht gewöhnlich!

Mit der Zeit beginnt Saaski auch, sich selbst zu fragen, warum sie so anders als alle anderen ist und woher sie all die seltsamen Sachen kann: schimmernde Zeichen an den Hauswänden lesen, silberne Spuren im Moor entdecken, wilde Melodien auf dem Dudelsack spielen, ohne es je gelernt zu haben? „Sie konnte sich keine Antwort vorstellen. Aber schon die Fragen hatten in ihr die altbekannte Unruhe geweckt, diese unbestimmten Gefühle von Sehnsucht und Verlust, die sie gequält hatten, solange sie zurückdenken konnte.“

So oft sie kann, flieht Saaski aufs Moor, zum einzigen Ort, wo sie das Gefühl hat hinzugehören. Dort lernt sie Tam kennen, einen Jungen, der auch nirgendwo hinzugehören scheint und ihr erster und einziger Freund wird. Die Angst der abergläubischen Dorfbewohner vor dem Wechselbalg wächst immer mehr, bis sie beschließen, Saaski loszuwerden: Sie soll im Mitsommernachtfeuer verbrannt werden …

Durch die Beschreibungen der kargen Moorlandschaft, der unheimlichen Bräuche des Moorvolkes und der abergläubischen Traditionen der Menschen gelingt es Eloise McGraw, eine mystische Atmosphäre entstehen zu lassen, die durch die wilden Klänge des Dudelsacks noch verstärkt wird. Sensibel nähert sich die amerikanische Autorin der Identität eines Kindes, das zwischen die Welten gerät. Gezwungen, zwei verschiedene Leben zu führen, findet es mühsam den Weg zu sich selbst, in seine eigene, einzigartige Welt. Zu Recht wurde das Buch 1997 mit dem bedeutendsten Kinderbuchpreis der USA, der Newbery Medal, ausgezeichnet. „Saaski aus dem Moor“ ist eine Geschichte für alle zu kleinen, zu großen, zu dicken, zu dünnen … Für alle, die schon mal das Gefühl hatten, anders zu sein!

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