Ricki for future!
Von Lucie Corsten, Agnes Grahn, Marina Krüger, Christina Magera (2022)
Welches Kind kennt das Gefühl nicht? In unserer Gesellschaft läuft etwas schief, doch anstelle Hilfe bei der Veränderung und Verbesserung zu erhalten, macht man lediglich die Erfahrung, dass man von den Erwachsenen und der Politik im Stich gelassen wird! Und so wird der Drang, die Dinge irgendwann selbst in die Hand zu nehmen, immer stärker, wie man am Beispiel von „Fridays for Future“ sehr gut erkennen kann. Und genau so ergeht es auch Ricki, dem Helden von Zoran Drvenkars und Martin Baltscheits nun zum zwanzigjährigen Erscheinen neu aufgelegten Kinderroman „Der einzige Vogel, der die Kälte nicht fürchtet“, dessen Leben in einem endlos wirkenden Winter eingefroren zu sein scheint. Um ihn und seine Mitmenschen aus Lustlosigkeit und Apathie zu befreien, macht Ricki sich ganz allein auf die Suche nach dem personifizierten Winter – so kann es schließlich nicht weitergehen!
Auf seiner Reise trifft er in der kältesten Stadt der Welt einen ‚komischen Vogel‘, dessen paradoxes, absurd-witziges Verhalten, so könnte man vielleicht sagen, von kindlichem Egozentrismus geprägt zu sein scheint. Ricki ist auf seiner Suche jedoch zwingend auf diese so merkwürdige wie sympathische Helferfigur angewiesen, da „der einzige Vogel, der die Kälte nicht fürchtet“, mehr vom Stillstehen der Jahreszeiten zu wissen scheint... Und so begeben sich die beiden im „Hotel der vier Jahreszeiten“ auf die Suche nach dem Winter und tauschen sich dabei in humorvollen, durchaus zum Absurden neigenden und sehr amüsanten Dialogen aus, die die Geschichte tragen und mit denen Martin Baltscheits bunt-fantasievolle Illustrationen zusammenspielen, in denen Schlüsselmomente detailgetreu zum Leben erweckt werden.
Zusammenfassend kann gesagt werden, das dieses, schon vor zwanzig Jahren aus der Zusammenarbeit zweier bedeutender Autoren der zeitgenössischen (Kinder- und Jugend-)Literatur hervorgegangene Kinderbuch, nicht nur anschlussfähig an die aktuelle Klimadebatte ist, sondern auch einen komischen, zuweilen nostalgischen Rückblick auf die eigene Kindheit gewährt. Dabei zeigt diese fantastisch-märchenhafte Erzählung einen jungen Menschen, der Stärke, Selbstständigkeit und Vertrauen verkörpert und die Probleme der Welt anpackt, anstatt sie zu ignorieren. – Die Welt hat solche Kinder und Jugendliche bitter nötig!
Bibliographische Angaben:
Zoran Drvenkar und Martin Baltscheit (Ill.)
Der einzige Vogel, der die Kälte nicht fürchtet
Weinheim: Belz & Gelberg (2022/2002)
110 Seiten
Leseprobe
»Ich hab genug«, sagte Ricki ruhig.
Der Vater hörte auf, um sich zu treten.
»Wie spät ist es?«, fragte er.
»Warum bist du angezogen?«, fragte die Mutter.
»Weil ich genug habe«, wiederholte Ricki und ging aus dem Schlafzimmer seiner Eltern.
Es sollte später keiner behaupten, er hätte ihnen nicht Bescheid gesagt.
Allein und mit zwei Paar Handschuhen an den Händen machte sich Rick auf die Suche nach dem Winter. (S. 16-17)