[Sammelrezension „Die Zauberwald-Chronik I und II“] Wrede, Patricia C.: Die Drachenprinzessin / Die Drachenprinzessin rettet den Zauberwald
Das geziemt sich nicht!
von Olga Friesen (2004)
Darf ich vorstellen: Prinzessin Cimorene, die jüngste Tochter des Königs von Linderwall. Eine völlig normale Prinzessin „mit langem güldenen Haar und von einnehmendem Wesen“? Nichts dergleichen! Cimorene hat pechschwarze Haare, die sie in Zöpfen trägt, und „einen ausgeprägten Willen“. So sagen es höfliche Leute, alle anderen meinen, „sie sei stur wie ein Esel“. Vor allem regt sich Cimorene schrecklich darüber auf, dass Prinzessinnen nichts erlaubt ist, außer tanzen, sticken und zeichnen. Keine Lateinstunden, kein Fechten, keine Zauberei, denn „das geziemt sich nicht!“
Als Cimorene nun auch noch einen Prinzen heiraten soll, der sie „weder aus den Klauen eines Riesen […] noch vor einem Menschenfresser“ gerettet hat und obendrein noch langweilig ist, ergreift sie die Flucht. Sie wird zur persönlichen Prinzessin der Drachenfrau Kazul und verbringt ihre Tage mit Kochen, Putzen und Drachenschatz ordnen. Aber es bleibt auch genug Zeit für Lateinlernen und Zaubern. Wenn es bloß nicht diese lästigen Prinzen und Ritter gäbe, die beinah täglich vor der Drachenhöhle aufkreuzen, um Cimorene zu retten! Auch die Zauberer nerven sie mit ihrer Neugier und ständigen Schnüffeleien.
Als ein neuer Drachenkönig gewählt werden soll, nimmt auch Kazul daran teil. Doch die Zauberer führen etwas im Schilde, und Cimorene, die sie schon länger verdächtigt, sieht sich gezwungen, in ein Jahrtausende altes Drachenritual einzugreifen …
Mit viel Humor lässt die amerikanische Autorin Königreiche entstehen, die es so noch nicht gegeben hat. Durch Verzicht auf besonders detaillierte Beschreibungen des Zauberwaldes, der Höhlen von Feuer und Nacht oder der Berge des Morgens gibt Patricia C. Wrede dem Leser genug Raum für seine eigene Phantasie. In amüsanter Weise greift sie auf altbekannte Märchenmotive zurück, die man in dieser Geschichte mal von einer anderen, sehr ironischen Seite erlebt.
Mit Cimorene zeichnet sie ein mutiges, aufmüpfiges Mädchen, das jede herkömmliche Vorstellung von einer Prinzessin auf den Kopf stellt. Mit Sprüchen wie „So ein Mist! Ich habe überhaupt keine Zeit für diesen Unsinn!“ oder „Ist dieses theatralische Getue nötig?“, mit denen Cimorene auf nervige Ritter und auf Zauberer reagiert, lässt sie jede bekannte Märchenprinzessin alt aussehen.
Im zweiten Band der umfangreichen Zauberwald-Chronik bleibt sie bei Kazul, die nun „König der Drachen“ ist. Aber Cimorene ist auch keine gewöhnliche Drachenprinzessin mehr, sondern „persönliche Köchin und Bibliothekarin des Königs“. Doch die Zauberer geben sich nicht geschlagen und brüten ein neues Komplott gegen die Drachen aus. Schon wieder muss Cimorene eingreifen. Diesmal allerdings hat sie einen Helfer: Mendanbar, König des Zauberwaldes. Dieser ist so ganz und gar anders als all die Dummköpfe von Prinzen, denen Cimorene bisher begegnet ist. Sie entwickelt tiefe Zuneigung zu ihm und sogar ein bisschen mehr …