Lembcke, Marjaleena (Text) und Susann Opel-Götz (Illustration): Die Geschichte von Tapani, vom Fernfahrer Frisch und der roten Ente
Von Glücksbringern und Träume(r)n
von Johanna Schmid (2004)
Tapani ist wütend. Wütend und traurig, weil er nicht in der Fußballmannschaft von Jukka mitspielen darf. Denn Jukka meint, Tapani sei zu jung, um mitzuspielen. „Manchmal hasste Tapani Jukka. Er verdammte ihn in Gedanken in die tiefste Schlangengrube mit tausend giftigen Kreuzottern“. Doch an einem Sonntag findet Tapani an der felsigen Küste Finnlands eine kleine rote Holzente mit einer geheimen Botschaft um den Hals. Obwohl er die fremde Sprache auf dem Zettel nicht versteht, ist er sich sicher, dass es um „Leben und Tod“ geht. Er beschließt, die geheime Botschaft zu entschlüsseln, und träumt davon, Jukka und seine Eltern zu beeindrucken: „Wahrscheinlich würde der Entführte ihm eine Belohnung geben, sein Bild käme in die Zeitungen [...]. Da würde der blöde angeberische Jukka große Augen machen.“
Weit weg, in Deutschland, träumt Fernfahrer Frisch davon, einen Sohn zu haben. „Herr Frisch hatte noch keinen Sohn. Er hatte auch keine Frau. Aber er hatte einen Traum.“ Nach einem Streit mit seinem Chef, weit entfernt von seinen Träumen, schüttet Herr Frisch seine Lieferung – 20.000 rote Spielzeugenten - ins Meer und verliert seinen Job. In seinem Unglück schnitzt er eine kleine, rote Holzente und schickt sie auf eine weite Reise ...
Die finnische Autorin Marjaleena Lembcke, die seit fast 40 Jahren in Deutschland lebt, verknüpft die Geschichten der beiden Hauptfiguren miteinander. In einfacher, poetischer Sprache erzählt Lembcke, wie die rote Ente zu einem Glücksbringer für Tapani wird und wie dieser sein Glück zurückgibt. Tapanis Wut und Enttäuschung werden ebenso wie die Sehnsucht des deutschen Fernfahrers Frisch für Leser unterschiedlichen Alters nachvollziehbar. Tapani und Frisch sind verschieden und haben doch eine Gemeinsamkeit: Beide sind Einzelgänger, die versuchen, ihren Traum vom Glück wahr werden zu lassen.
Die Geschichte vom Glück ist mit schwarz-weißen Tuschezeichnungen von Susann Opel-Götz illustriert. Ebenso wie sich der triste, graue Alltag der beiden Träumer langsam wendet, fügt Susann Opel-Götz immer einen Klecks rote Farbe mehr hinzu. Die „scheußliche Schlangengrube“ mit hunderten züngelnden Giftschlangen ganz in grau oder das Entenmeer voller leuchtend roter Spielzeugenten – die Entwicklung der Hauptfiguren wird in den Zeichnungen stets deutlich. Und so ist es nur richtig, dass Tapani gegen Ende der Geschichte einen knallroten Pullover trägt und die Backen des frisch verliebten Fernfahrers rot leuchten.
Es ist ein Vergnügen das kleine rote Buch in den Händen zu halten! Es regt an zum Nachdenken über Träume, Sehnsüchte und Enttäuschungen und schärft den Blick dafür, dass kleine Gesten manchmal große Bedeutung haben können. Eine geschenkte Holzente oder ein Brief vielleicht ...