Nilsson, Per: Du & du & du
Das, was ist, ist nicht genug!
von Anna Krüger (2004)
Anon, Zarah und Nils - drei völlig unterschiedliche Personen, die zu Anfang der Geschichte nichts miteinander zu tun haben. Irgendwann kreuzen sich ihre Wege, und ein seltsames Schicksal führt die drei exzentrischen Außenseiterfiguren zusammen.
Anon ist zwölf Jahre alt und anders als seine Klassenkameraden. Er findet es nicht außergewöhnlich, jeden Tag mit Gummistiefeln herumzulaufen, und glaubt, sein Vater sei ein Gott. Und dass er weder Kartoffeln noch Gemüse isst, geht doch die anderen nichts an. Eines Tages findet er Zarahs Brieftasche und macht sich in seiner Phantasie ein Traumbild von ihr. Ja, Anon ist ein richtiger Tagträumer. „BOING!!! Ein Laternenpfahl. Anon ist direkt auf ihn draufgeprallt. Sein Kopf dröhnt und der Traum [...] fällt platt auf die Erde.“
Zarah ist siebzehn, hübsch, jobbt im Kinderhort und ist mit dem schönen Viktor zusammen. Es ist nicht gerade angenehm, dass dieser in Zarahs Schlafzimmer Stereoanlagen und Videorecorder unbekannter Herkunft lagert, doch weitaus schlimmer ist seine Eifersucht. Dies bekommt Zarah deutlich zu spüren, als sie Viktor in einer Kneipe mit einem Typen ein bisschen eifersüchtig machen möchte. Kurze Zeit später wird ihr klar, dass sie dies besser hätte bleiben lassen. „Du. Du, Zarah. Du solltest vielleicht lieber etwas vorsichtiger sein, Zarah. Solltest dich ein bisschen zurückhalten. Vielleicht spielst du mit dem Feuer, Zarah.“ - Wie passen eigentlich Lust und Liebe zusammen?, denkt Zarah.
Der Junge in der Kneipe ist Nils. Als Zarah ihm in sein Ohr haucht: „Tu so, als ob du froh wärst, mich zu sehen“, ist er sofort hoffnungslos verliebt in diesen fremden Engel. Nils ist zwanzig, studiert Mathe und lebt in einer „Bilderbuchfamilie“. Doch momentan interessiert ihn nur eins brennend: Worum geht es eigentlich im Leben, und wie ist es, wenn man tot ist? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, schreckt er vor ungewöhnlichen Selbstversuchen nicht zurück. Er übernachtet in einem Sarg und lässt sich von seinem besten Freund mit Taucheranzug und Schnorchel lebendig begraben. „Jetzt leben wir. Dann sind wir tot. Wovor muss man da Angst haben? Vor gar nichts, denkt Nils.“
Letztendlich treffen alle drei Protagonisten zusammen und helfen einander, sich aus ihren mehr oder weniger selbstverschuldeten Problemen zu befreien. So nimmt ihr Leben innerhalb weniger Stunden eine entscheidende Wende. Und ein Gedanke vereint alle drei: Das, was ist, kann nicht genug sein!
Zentrale Themen des Lebens hat Per Nilsson zu einem humorvollen, teilweise skurrilen, aber auch traurigen und nicht zuletzt mit großer Leichtigkeit erzählten Roman verknüpft. Durch das ständige Wechseln der Perspektiven – die einzelnen Kapitel sind mit „Anon“, „Zarah“ und „Nils“ überschrieben – ermöglicht der auktoriale Erzähler einen Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt jeder einzelnen Hauptfigur. Besonders eindrucksvoll sind die Passagen, in denen er die Charaktere unmittelbar anspricht. Der Leser lernt die Romanfiguren als liebenswert-exzentrische Zeitgenossen kennen, die mit aller Kraft versuchen, ihre Geheimnisse und Überzeugungen zu verteidigen.