Leseprobe „Der rote Nepomuk“
Nur der Jirschi erfährt von mir, was ich auf der Kastanie vor dem Zuckerbäcker Zwonetschek gehört und gesehen habe. Er sagt, es gibt halt einen Haufen Schufte auf der Welt, und die bringen doch alles fertig. Die machen aus einem kleinen Poseroutka einen großen Hitlerheiligen.
Der liebe Gott muss arg beschäftigt gewesen sein, oder er hat gerade nicht aufgepasst, wie diese Menschen gemacht worden sind. Sonst hätten sie nicht so missraten können. Aber es wäre auch jetzt noch Zeit, und der liebe Gott müsste ihnen gleich zeigen, wer der Herr von der Welt ist und wie sein Ebenbild auszuschauen hat. Wo er ihnen die Sonne oder sonstwas auf den Kopf hauen kann, wenn er will. Oder er tut ihnen ein paar giftige Kreuzotternzähne ins Erdäpfelpüree, oder er verwandelt sie in eine Maus, in eine ganz dreckige Feldmaus, und die wilde Katze vom Grünerbauern ist hinter ihnen her. Wie diese Katze mit den Mäusen umgeht, weiß die ganze Stadt. Der liebe Gott wird sich schon was einfallen lassen, denn so gemeine Menschen lässt er nicht lange ohne Leine umherlaufen.
In der Stadt ist es still geworden. Die Oberschreier und Anstifter sind über die Grenze fort, und am Sonntag ist die Kirche halb leer. Der Zogelmann ist der letzte große Henlein, der noch da ist, denn er muss nach dem Rechten sehen.
Übermorgen oder in sechs Wochen kommt der Hitler, sagen die Leute. In der Frühe wissen sie dies, und am Abend wieder etwas anderes. Nie das Richtige, aber wer weiß schon das Richtige. Meine Mutter meint, auch der Hitler selber weiß nichts.
(S. 167 f.)