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Schneider, Karla/Harjes, Stefanie:
Die Häuser der Selma Khnopff
St. Pölten: NP 2004
40 S. (24*24 cm), € 14,90

Schneider, Karla (Text) und Stefanie Harjes (Illustration): Die Häuser der Selma Khnopff

Konsumschnecke

von Nikola I. Sutter (2005)

Selma ist ein narzistisches, umzugswütiges Schneckchen mit einem ganz eigenen, modernen, der Konsumgesellschaft verfallenen Wesen, das sich in der Wechselhaftigkeit der Wahl ihrer Häuser manifestiert. Mit ihrem Hang zur wohnlichen wie auch individuellen Veränderung ist sie auf der endlosen Suche nach ihrem Traumhaus: Weder das Fingerhut-Zelt, die Streichholzschachtel, der Walnuss-Panzer, die Untermietshöhle noch ein auf dem Wasser treibendes Seerosenblatt treffen den Geschmack der exzentrischen Konsumschnecke. „Nur wer nie was riskiert, macht keine Fehler“, redet sie sich ihre Fehlversuche schön. Denn dass ihr Problem nicht in der Wahl eines neuen Hauses liegt, sondern in ihr selbst liegt, erkennt sie nicht. Darauf verweist auch das offene Ende, in dem keine Lösungsansätze erkennbar sind.

Der Text verläuft synchron mit den – teils auf Doppelseiten gestalteten – polisituativen Bildern. Die Geschichte ist durch das gesamte Buch entsprechend ihrem Handlungsverlauf von links nach rechts dargestellt: Selma kriecht auf ihrer Suche vom linken zum rechten Buchrand und stößt dabei auf diverse ‚Traumhäuser’ wie auch Charaktere. Für ein Bilderbuch ist der Textanteil sehr großzügig ausgefallen. Für die Zielgruppe – der Verlag gibt ein Lesealter ab fünf Jahren an – ist der Text nicht immer leicht verständlich, da er u. a. auch häufiger mit Fremdwörtern gespickt ist.

Auf ihrem Immobilien-Shoppingtrip trifft Selma auf menschelnde Insekten, die mit modischer Kleidung aufwarten. Dabei werden Zeiterscheinungen aufgegriffen, die unsere heutige Gesellschaft widerspiegeln, wie z. B. durch den Doppelnamen der emanzipierten, alleinerziehenden Insektenmutter Rosalinde Fröbel-Meier. Die ausgefallen-mondänen Figuren erinnern an Modezeichnungen. Diese stark stilisierten, filigranen Insekten-Menschen mit ihren gefälligen Gesichtern sind teilweise umgeben von eincollagierten Gegenständen der Realwelt. Im Gegensatz zu diesem Modezirkus und seinen Akteuren steht Selmas Krabbelfreund Hugo Willumsen. Der etwas dickliche, bleich-sommersprossige nette Käferjunge von nebenan steht ihr mit warnendem Rat und säubernder Tat zur Seite.

Varianten- wie auch kontrastreich gestalten sich die Farben: Helle, freundlich-gedämpfte Pastellfarben stehen leuchtkräftig-intensiven Reinfarben gegenüber. Besonders wirken diese Farbkompositionen durch Hell- und Dunkelgegensätze sowie den Einsatz von Komplementärfarben. Mitunter versucht die Illustratorin durch Verwendung der Collagetechnik besondere Akzente zu setzen, z. B. durch detaillierte, durchdesignte Accessoires wie eine Gummiente oder eine Sonnenbrille im 60er Jahre Stil. Sie werden eher spärlich eingesetzt, lockern dann aber die Bildkomposition auf.

Großflächig gesetzte Hintergrundfarben dominieren die Bilder. Vor diesem karg und endlos wirkenden, unausgearbeiteten Hintergrund heben sich die eher ausdifferenzierten Charaktere ab. In dieser scheinbaren Einfarbigkeit mit ihrem flächig-pastosen Auftrag wird der Blick des Betrachters auf die Akteure gelenkt. Sie wirken künstlich platziert und klein und versetzen den Betrachter in die Käferperspektive. Durch die geschickt gewählten Bildausschnitte ist man direkt im Geschehen: Herzlich Willkommen beim Kaffeeklatsch mit Leontine Bakst und Selma Khnopff oder beim gemeinschaftlichen Belächeln von Selmas Walnusspanzer auf der Flaniermeile.

So einladend wie Frau Baksts Kaffee wirkt auch dieses Bilderbuch, wobei nach mehrmaligem Genuss leider ein fader Nachgeschmack zurückbleibt. Stefanie Harjes besitzt grafisches und technisches Verständnis und Können, doch die Bildaussagen kommen leider zu kurz bzw. werden nicht ausreichend über die Bilder transportiert. Sie wirken ästhetisch-nett und ansprechend, aber oberflächlich. Bei den von ihr bisher gestalteten Kaffeetassen und Kochbüchern stellt das zwar kein Problem dar, wohl aber für dieses Bilderbuch und dessen anvisierten Adressatenkreis.