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Titelbild
Ziem, Jochen:
Boris, Kreuzberg, 12 Jahre
München: dtv 2001
(dtv junior 78047)
(Erstauflage 1988)
160 S., € 5,50

Ziem, Jochen: Boris, Kreuzberg, 12 Jahre

Keen Bock uff Schule

von Ulrike Grychta (2002)

Hinterhauswohnung, Sozialhilfe, Mutter Alkoholikerin und „keen Bock uff Schule“ – das ist Boris’ Alltag im Kreuzberger Kiez der 1980er-Jahre. Der geliebte Vater ist tot, die ältere Schwester hat sich abgeseilt, Mutter und „Onkel Willi“ kümmern sich allenfalls um die nächste Bierration. Einzige Bezugsperson für den Zwölfjährigen ist der alte Kohlenhändler Otto. Wenn Boris nicht gerade vor Ottos Laden sitzt, verbringt er die meiste Zeit allein auf seinem Lieblingsplatz, einem alten Baugrundstück. Dort schießt er mit einer „Schlatsche“ auf Ratten oder verfolgt sein „Projekt“, das Zusammenbauen eines Fahrrades aus Schrott, anstatt zur Schule zu gehen.

Denn „Schule ist scheiße“. Boris hat genug davon, ständig heruntergeputzt zu werden. „Kanake, Dummkopf, Idiot“ sind noch die harmlosesten Bezeichnungen seiner Klassenkameraden. Und auch Lehrer sind nur „Menschen, die zeigen, dass sie mächtiger sind“ – für Boris also: „der letzte Dreck“. Walter Hentschke, Referendar an Boris’ Sonderschule, scheint jedoch anders zu sein. Einer, der sich wirklich für ihn interessiert und ihm vor allem ein nie gekanntes Gefühl vermittelt: Achtung vor sich selbst zu haben! Bis Boris dies erkennt, hat er jedoch noch mit einigen Widrigkeiten zu kämpfen ...

In einfacher, teils derber Sprache erzählt der Fernseh- und Hörspielautor Jochen Ziem den zögerlichen Aufbau einer Beziehung zwischen Lehrer und Schüler. Aus Boris’ Blickwinkel können die Leserinnen und Leser an der Gedankenwelt des Jungen und an seinem Wechselbad der Gefühle teilhaben. Langsam weicht sein unsicheres, trotziges und desinteressiertes „Na und?“ einem Vertrauensverhältnis zum Lehrer. Und dies geht sogar so weit, dass Boris sich letztlich sogar für Walter Hentschke einsetzt.

Ziems Jugendroman, der auf der Basis seines Drehbuchs „Was soll bloß aus dir werden?“ entstanden ist, behält den filmischen Charakter bei. Prägnante Szenen und viele Dialoge im Berliner Jargon vermitteln ein authentisches Milieu. Insgesamt will die Erzählung zeigen, wie Schule auf einer Vertrauensbasis zwischen Lehrern und Schülern gelingen kann.

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