Leseprobe: "Mano. Der Junge, der nicht wusste, wo er war"
Über ihm auf einem Ast saß eine junge schwarze Amsel. „Bist du auch allein?“ Die Amsel hielt inne, drehte den Kopf und beobachtete den Jungen. Dann sang sie wieder. Die Wolke war fort, der Vogel sang. Mano lag jetzt ganz ruhig, die letzten Tränen liefen ihm die Schläfen hinab. „Meine Mama und Lili haben sie abgeführt in die Gaskammer. In Ravensbrück. Und mein Tata musste noch mal in den Krieg.“ Die Amsel machte einen Satz, saß nun einen Ast tiefer und sang. „Ich weiß jetzt alles wieder, ich hab gar nichts vergessen, aber ich habe so Angst, wenn sie wissen, dass ich Deutscher bin, dass ich dann auch sterben muss.“ Die Amsel blieb still, dann flog sie fort. „Kommst du wieder? Flieg in den Himmel und sag ihnen, ich lebe noch. Aber ganz weit weg in einem fremden Land, wo sie Deutsche nicht wollen.“ Die Amsel sang wieder, weiter entfernt, und Mano setzte sich auf. (S. 68)